Regisseur Ken Russel ist Genrefreunden vor allem durch seine beiden Horrorfilme “Der Höllentrip” und “Gothic” ein Begriff, beides Filme, die in ihrer Bildsprache und Ästhetik ein gewisses Alleinstellungsmerkmal besitzen. Sein dritter Ausflug in den Horrorsektor, “Der Biss der Schlangenfrau” hingegen war eher eine Art Horrorkomödie mit enormen Trashfaktor, erfreute sich aber nichtsdestotrotz einer gewissen Beliebtheit. Nun bringt Rechteinhaber cmv den Film erneut im Vertrieb der Al!ve AG als weitere Neuauflage in den Handel, nachdem der Titel bereits in diversen Mediabooks und Keep Case Varianten ausgewertet wurde. Der Inhalt ist derweil identisch geblieben. Was der Film zu bieten hat und wie sich die Blu-ray Disc in technischer Hinsicht schlägt, klärt die nun folgende Rezension.
Story
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Kurz nach dem Fund eines riesigen Schlangenschädels durch den Archäologen Angus Flint (P. Capaldi), verschwinden immer mehr Menschen aus der Gegend auf geheimnisvolle Weise. Der ortsansässige Lord James d’Ampton (H. Grant) führt die Entdeckung auf die Jahrhunderte alte Legende einer Drachenschlange zurück, die seine Vorfahren einst besiegten. Schnell stoßen die beiden bei ihren Recherchen auf Lady Sylvia Marsh (A. Donohoe), die ein dunkles Geheimnis hütet und mittels eines Opfers die Drachenschlange erneut heraufbeschwören will ...
Der Film basiert lose auf dem Roman “Das Schloss der weißen Schlange”, dem letzten Roman, den “Dracula”-Schöpfer Bram Stoker vor seinem Tod zu Papier brachte. Der Roman selbst gab allerdings nicht allzu viel her, und so wurde er von Regisseur Ken Russel kurzerhand um einige Punkte ergänzt, umgeschrieben und aktualisiert. So spielt der Film auch im Hier und Heute und besitzt eine solide Dosis Selbstironie und schwarzen, britischen Humor, was den Film deutlich aufwertet, denn wenn wir ganz ehrlich sind, ist die Handlung eher dürftig, der Spannungsbogen nur sehr lasch gespannt, und die darstellerischen Leistungen trotz großer Namen wie Peter Capaldi und Hugh Grant eher bescheiden. Titelheldin Amanda Donohoe hat die Rolle offenbar auch eher wegen ihrer äußerlichen Reize, die sie mehr als einmal vor der Kamera zur Schau stellt, bekommen – aber all das macht in der Summe so viel Spaß und unterhält derart, dass man gerne darüber hinwegsehen kann.
Was den Film darüber hinaus auszeichnet ist seine lockere Machart, die so gar nicht dem üblichen Stil des Regisseurs entspricht. Lediglich in den Alptraumsequenzen blitzt hie und da die Handschrift Russels durch. Die Handschrift Stokers hingegen findet man in der Vorgehensweise der Schlangenfrau, die ihre Opfer – wie Dracula - beißt und damit ebenfalls in Schlangenwesen verwandelt, die sich zwar nicht mit dem Kreuz, wohl aber mit einer bestimmten Melodie in Schach halten lassen. Hier finden wir auch eine der absurdesten und zugleich besten Szenen des Films, wenn nämlich Peter Capaldi mit dem Dudelsack bewaffnet in “die Schlacht” zieht. Der Humor ist, wie bereits weiter oben erwähnt, der rote Faden, der den Film zusammenhält. Wenn Lady Sylvia etwa ihre Opferzeremonie aufgrund eines unangekündigten Besuchs abbrechen muss und dies lapidar mit “Scheiße” kommentiert, dann kann der Zuschauer sich eines Schmunzelns schwer erwehren. Das Finale ist derweil sehr trashig geraten und geizt nicht mit sexuellen Anspielungen, die den Bogen zuweilen so stark überspannen, dass man schon fast von einer Parodie sprechen kann.
Ja, “Der Biss der Schlangenfrau” ist Trashkino in Reinkultur, macht aber eben auch eine Menge Spaß. Viel nackte Haut, bissiger Humor, eine Prise Horror, gut gemachte Effekte (und ein echt mieser Effekt am Ende) und hervorragende Schauspieler am Anfang ihrer Karriere, wo sie ihr Handwerk noch nicht so richtig beherrschten All das macht den Film zu einem Must-See für Freunde von 1980er-Gruseltrash. Aber bei all dem sollte auch nicht vergessen werden, dass das Buch, welches dem Film zugrunde liegt, nicht viel besser war, und hätte man es 1:1 verfilmt, würde sich heute mit Sicherheit niemand mehr an den Film erinnern.
Bildqualität
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Das feinkörnige Bild liegt im annähernd Bildschirmfüllenden Ansichtsverhältnis von 1,85:1 vor und ist dem Alter und knappen Budget des Titels entsprechend sehr gut ausgefallen. Die Schärfe bewegt sich fast durchgängig auf einem hohen Niveau und kann, insbesondere bei Nahaufnahmen, restlos überzeugen. Die Farben sind etwas zurückhaltend (mit Ausnahme der Traum-Sequenzen), aber weitestgehend natürlich - wobei auch hier die Traumsequenzen aus dem Rahmen fallen. Hier bekommen wir übrigens auch deutlich mehr Korn zu sehen, während die Schärfe zurückgedreht wird, allerdings darf man hier ohne zu zögern von einem gewollten Stilmittel ausgehen. Der Kontrast ist gut eingestellt und bildet tiefes, dunkles Schwarz ab, ohne dass dabei Details verschluckt würden. Altersbedingte Mängel wurden weitestgehend entfernt, so dass der Film in bestmöglicher Qualität auf Blu-ray Disc vorliegt.
Tonqualität
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Der Ton liegt in deutscher Synchronfassung sowie im englischen Original in Dolby Digital 2.0 vor, kann aber im Großen und Ganzen durchaus überzeugen. Die Dialoge sind jederzeit gut verständlich, die musikalische Untermalung des polnischen Komponisten Stanisław Syrewicz klingt ebenfalls frisch und sauber, und die Umgebungsgeräusche gliedern sich hervorragend in das Geschehen ein, wobei sie – wie üblich bei deutschen Synchronfassungen aus dieser Zeit – deutlich leiser abgemischt wurden als die Dialoge, die klar priorisiert werden. In der soliden deutschen Synchronfassung hören wir Viola Sauer über Amanda Donohoe, Stefan Krause über Peter Capaldi, Klaus-Peter Grap über Hugh Grant, sowie Bettina Spier, Marina Krogull, Gerd Duwner und Benjamin Völz.
Ausstattung
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- 3 Audiokommentare
- Featurette: Worm Food (27:06 Minuten)
- Featurette: Mary, Mary (15:39 Minuten)
- Featurette: Cutting for Ken (9:30 Minuten)
- Trailers from Hell (2:43 Minuten)
- Selbstlaufende Bildergalerie (3:03 Minuten)
- Original Trailer (2:11 Minuten)
- Trailershow
Im Bonussektor finden wir gleich drei Audiokommentare, von denen der letzte mit Christoph N. Kellerbach und Tom Burgas sogar in deutscher Sprache vorliegt. In den anderen beiden Kommentaren kommen Regisseur Ken Russel zum einen und Lisi Russel und Matthew Melia zum anderen zu Wort. Darüber hinaus bekommen wir in drei weiteren ausführlichen Featurettes einen Einblick in die Arbeitsweise des Regisseurs und hinter die Kulissen der Produktion geboten. Abgerundet wird das Ganze mit einer Bildergalerie, dem Trailer zum Film und einer Trailershow mit anderen Titeln des Publishers.
Fazit
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Die technische Seite der Blu-ray Disc aus dem Hause cmv lässt keine Wünsche offen und präsentiert die Trash-Horrorkomödie in einer Bildqualität, die das magere Budget und das verhältnismäßig hohe Alter kaum erkennen lässt. Abgerundet wird das Ganze durch eine üppige Ausstattung, die einen tiefen Einblick in die Produktion erlaubt und einiges an Hintergrundwissen vermittelt, sofern man daran interessiert ist.
Der Film selbst ist ein kurzweilige Vergnügen für Freunde des 1980er-Jahre-Trashkinos. Mit der schwarzhumorigen, freizügigen und selbstironischen Komödie weicht Ken Russel zwar von seinem typischen Stil ab, liefert für Genrefans aber dennoch etwas ab, dass es sich anzusehen lohnt. Kein Wunder, dass der Titel eine große Fangemeinde besitzt.
(Michael Speier)
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