Angela Sommer-Bodenburgs Kinderbuchreihe um den kleinen Vampir Rüdiger von Schlotterstein und seinen menschlichen Freund Anton Bohnsack begeisterte ganze Generationen. Auch die erfolgreichen Hörspiele erfreuen sich großer Beliebtheit und die kanadisch-deutsche Realfilmserie aus dem Jahr 1985 und deren Fortsetzung von 1993 sind Kult. Im Jahr 2017 erschien dann ein auf den Büchern basierender Animationsfilm und eroberte eine ganz neue Generation. Währenddessen geriet die erste Realfilmadaption, die von Regisseur Uli Edel im Jahr 2000 realisiert wurde, weitestgehend in Vergessenheit. Nun bringt Palatin Media im Vertrieb von EuroVideo den prominent besetzten Abenteuerfilm erstmals auf Blu-ray Disc in den Handel. Was der Film zu bieten hat und wie sich die Blu-ray Disc in technischer Hinsicht schlägt, klärt die nun folgende Rezension.
Story
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Tony Thompson (J. Lipnicki) fällt der Umzug von San Diego nach Schottland alles andere als leicht. Der neunjährige Amerikaner zieht mit seiner Familie in ein kleines Dorf, wo er nur schwer Anschluss findet. Lediglich mit Rüdiger von Schlotterstein (R. Weeks) schließt er eines Abends Freundschaft. Wie Tony herausfindet, handelt es sich bei Rüdiger um einen Vampir – zum Glück aber von der harmlosen Sorte! Seine Familie ist seit Jahrhunderten verflucht und Tony beschließt, den Untoten dabei zu helfen, diesen Fluch zu brechen. Die Jungs machen Fortschritte, bis sich ihnen plötzlich ein gefährlicher Vampirjäger in den Weg stellt …
Der Realfilm von Uli Edel basiert nur noch sehr lose auf der Vorlage von Angela Sommer-Bodenburg, verlegt die Handlung von Deutschland nach Schottland, verändert die Familienkonstellation der Vampire und erzählt ganz nebenbei eine völlig andere Geschichte. Das alles mag dem eingefleischten Fan möglicherweise etwas vor den Kopf stoßen, aber für sich genommen bietet der Film spannende und zum Teil gruselige Unterhaltung und fängt den Geist der Vorlage gut ein. Geblieben ist die Freundschaft zweier “Kinder”, die trotz enormer Unterschiede und potentiellen Gefahren zusammenhalten und füreinander da sind. Zum einen wäre da Anton, der hier Tony heißt und von seinen Mitschülern gemobbt wird, der in Rüdiger sofort einen Freund findet und dank seinem Faible für Vampire schon einiges über die eigentlich blutrünstigen Blutsauger weiß. Die Vampire in diesem Film haben sich indessen dazu entschlossen nur noch Tierblut zu saugen (was für einige witzige Momente sorgt, die auch im Animationsfilm von 2017 wiederverwendet wurden) und stellen eigentlich keine Gefahr mehr für die Menschen dar – im Gegenteil. Sie sehen ihr Dasein als unsterbliche Kreaturen der Nacht als Fluch, den sie seit Urzeiten zu brechen versuchen, wobei Tony ihnen behilflich sein könnte. Statt Tante Dorothee und Onkel Theodor wohnen Rüdiger, seine Schwester Anna und der Teenager-Bruder Lumpi bei ihren Eltern, die in den Originalgeschichten überhaupt nicht vorkommen. Und auch der Vampirjäger Geiermeier hat hier nichts mehr mit der Vorlage aus den Geschichten gemeinsam.
Aber, wie gesagt, wenn man sich von der Vorlage löst, bekommt man einen wunderbaren Familienfilm mit viel Witz, Herz und Spannung geboten. Gerade die Umkehr von Gut und Böse ist in diesem Zusammenhang gut gelungen und entspricht damit sehr wohl weitestgehend der Vorlage. Zwar sind die Vampire für die Menschen keine Gefahr, wie es in den Büchern der Fall ist, allerdings sieht die Sache andersherum ganz anders aus, denn die Menschen sind eine erhebliche Gefahr für die Vampire. Aus dem niederträchtigen, aber etwas trotteligen Friedhofswärter Geiermeier wurde in Edels Realfilm ein professioneller und gut ausgerüsteter Vampirjäger ohne Skrupel, der eine ernsthafte Gefahr für die Vampirfamilie darstellt. Leider wurde diesem Charakter zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, und auch die anderen Nebenfiguren bleiben eher blass.
Darstellerisch haben wir eine bunte Mischung aus bekannten Gesichtern und Newcomern. So werden Rüdigers Eltern von Richard E. Grat und Alice Krige gespielt und der britische Comedian und Schauspieler Jim Carter verkörpert den fiesen Vampirjäger Geiermeier. Die Titelrolle des kleinen Vampirs Rüdiger von Schlotterstein wurde mit dem unverbrauchten Rollo Weeks besetzt, der hier seine erste große Rolle phantastisch meistert und wunderbar überzeugend aufspielt. Die Rolle seines menschlichen Freundes Tony wurde mit “Stuart Little”-Star Jonathan Lipnicki besetzt, der in der Rolle allerding komplett verlorengeht. Er wirkt viel zu unbeholfen und unscheinbar, und die “Heldenrolle” kauft man ihm weitaus weniger ab als die des Mobbingopfers. Dennoch stimmt die Chemie zwischen den Darstellern und der Cast agiert sehr harmonisch. Warum die Geschichte derart verändert wurde, erschließt sich zwar nicht, und es wäre wirklich schön gewesen, wenn man sich etwas mehr an der Vorlage orientiert hätte, aber für sich genommen macht der Film Spaß und unterhält.
Bildqualität
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Das Bild liegt im Bildschirmfüllenden Ansichtsverhältnis von 1,78:1 vor und hinterlässt leider einen sehr zwiespältigen Eindruck. Die Schärfe bewegt sich fast durchgängig auf einem brauchbaren Niveau, lässt aber nur selten durchblicken, dass sich hier eine aktuelle Blu-ray Disc im Player dreht. Ein ähnliches Ergebnis könnte auch eine gut hochskalierte DVD erbringen. Es hat fast den Eindruck, als hätte man das ursprüngliche Bild künstlich nachgeschärft und anschließend wieder ein wenig geglättet. Die Farben sind teilweise arg übersteuert, was zu rötlichen Gesichtern, türkisem Gras und ähnlichen Auffälligkeiten führt. Der Kontrast ist leider etwas wechselhaft. In einigen Szenen bekommen wir tiefes, dunkles Schwarz zu sehen, das mitunter Probleme bei der Durchzeichnung zeigt, in anderen Momenten präsentiert man uns dunkles Grau anstatt tiefem Schwarz. Altersbedingte Mängel, Beschädigungen oder Verunreinigungen sind glücklicherweise äußerst selten und fallen nicht negativ ins Gewicht. Leider hat die Disc einige Probleme mit stufigen Farbübergängen (gut sichtbar bei der Anfangsszene mit dem Mond) und das Bild zieht bei schnellen Bewegungen minimal nach.
Tonqualität
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Der Ton liegt sowohl im englischen Original als auch in der deutschen Synchronfassung in dts-HD Master Audio 5.1 auf der Disc vor. Auf Untertitel wurde verzichtet. Akustisch kann man dem Film nicht viel vorwerfen, außer, dass die Einbeziehung der hinteren Kanäle eigentlich sinnlos ist, denn Surroundeffekte sucht man hier weitestgehend vergeblich. Auch der Bass bleibt überwiegend stumm, was allerdings ein gutes Stückweit am Film und nicht an der technischen Umsetzung liegt. Die Dialoge sind immerhin jederzeit gut verständlich, und die Namen – zumindest die der Vampire – wurden glücklicherweise „eingedeutscht“ und entsprechen damit der Vorlage. Die deutsche Synchronfassung entstand nach einem Dialogbuch und unter der Regie von Frank Schaff bei der Interopa Film GmbH in Berlin und hat mit Filipe Pirl über Jonathan Lipnicki und Constantin von Jascheroff über Rollo Weeks, sowie bekannten Stimmen wie der von Susann Bonasewicz, Engelbert von Nordhausen, Lothar Blumhagen, Bernd Rumpf einen soliden und fähigen Synchroncast am Start.
Ausstattung
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Leider wurde auf Bonusmaterial verzichtet. Lediglich der Trailer zum Film hat es mit auf die Disc geschafft und erfreulicherweise wurde dem Titel auch ein FSK-Freies Wendecover spendiert.
Fazit
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Obwohl die Abenteuer des Kleinen Vampirs seit Generationen Jung und Alt begeistern, wurde die hier vorliegende Realverfilmung aus dem Jahr 2000 weitestgehend vergessen. Doch auch wenn die Geschichte massiv von der Vorlage abweicht, ist "Der Kleine Vampir" eine rasante, familientaugliche Gruselkomödie mit Herz, Witz und Action geworden, bei der es sich lohnt, sie neu zu entdecken. Leider ist die vorliegende Blu-ray Disc nicht ganz auf der Höhe der Zeit. Die Bild- und Tonqualität ist leider weit von dem entfernt was heute technisch möglich wäre und liefert lediglich solide, wenn auch wechselhafte Mittelwerte. Auf Bonusmaterial hat man ebenfalls verzichtet. Vermutlich handelt es sich hier mehr um ein Titel aus der Rubrik „Wir haben die Rechte, machen wir sie also ohne große Mühe zu Geld“, was ein wenig Schade ist, denn der Film hätte eine würdige Veröffentlichung mehr als verdient.
(Michael Speier)
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