Dass der amerikanische Autor Stephen King gleich mit seinem ersten Roman auch eine perfekte Vorlage für eine Kino-Adaption liefern würde, hätte der „Königs des Horrors“ – zu dem er im Laufe der Zeit einmal aufsteigen würde – seinerzeit sicherlich nicht einmal im Traum erdacht. Doch mit der Verfilmung seines schriftlichen Debüts „Carrie“ durch Regisseur Brian De Palma, welcher zu der Zeit ebenfalls als aufstrebender Stern galt, gelang genau das. Gerade wenn man bedenkt, dass spätere Roman-Adaption meist nicht einmal ansatzweise mit den zugrundeliegenden Büchern Kings mithalten konnten, gleicht es schon einem kleinen Wunder, dass dieser Film auch heute noch zu den besten Adaptionen seiner zahlreichen Werke zählt. Der Thriller wurde über die Jahre schon einige Male auf Blu-ray veröffentlicht, doch Publisher CAPELIGHT PICTURES sorgt nun dafür, dass der Klassiker auch in seiner ultra-hochauflösenden Version erscheint. Die Erstauflage im Vertrieb der AL!VE AG veröffentlicht man dabei in einer Sonderedition im Mediabook-Format, welches zum einem außergewöhnlicher Weise noch von einem Schuber umgeben wird, zudem aber auch noch mit einem 36-seitigen Booklet mit einem Text des deutschen Autors, Schauspielers und Regisseurs Fabian Stumm ausgestattet ist, welcher zahlreiche Hintergrundinformationen zum Film liefert. Ob sich für Fans ein erneute Investition in die 4K Ultra HD-Fassung belohnt macht, soll mit dem nachstehenden Review geklärt werden.
Story
-
Die schüchterne Carrie White (S. Spacek) hat es wirklich nicht leicht. Zu Hause wird sie von ihrer religiös-fanatischen Mutter (P. Laurie) unterdrückt, und in der Schule gilt sie als Außenseiterin. Nach dem traumatisierenden Einsetzen ihrer ersten Periode überschlagen sich die Ereignisse. Mehr denn je steht sie nun im Fokus des Spottes ihrer Mitschüler und ihre Mutter hält das Blut obendrein für ein böses Omen der sexuellen Entwicklung. Gleichzeitig bemerkt Carrie, dass sie in der Lage ist, mittels ihrer Gedanken Gegenstände zu bewegen. Als ihre Klassenkameraden Carrie beim Abschlussball einen geschmacklosen Streich spielen, hat dies fatale Folgen.
Mit „Carrie – Des Satans jüngste Tochter“ (ein Filmtitel, der reißerisch und typisch für deutsche Veröffentlichung jener Zeit war, jedoch nicht im Geringsten zutrifft) schuf Regisseur Brian De Palma ein intensives Stück Filmgeschichte. Stephen Kings erster veröffentlichter Roman beinhaltete lediglich eine, gemessen an späteren Werken des Schriftstellers, harmlose Geschichte, die erst durch De Palmas filmische Interpretation die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich zog, und so im Nachhinein den Erfolg von Stephen King ins Rollen brachte. Zwar wurde die Geschichte von Drehbuchautor Lawrence D. Cohen, der auch die Drehbücher zu späteren King-Verfilmungen wie „ES“ und „Tommyknockers“ verfasste, in vielen Punkten abgeändert, aber gerade dadurch gewinnt die Geschichte erst so richtig an Fahrt, Spannung und Raffinesse. Auch darstellerisch ist „Carrie“ ein Musterbeispiel für funktionierendes Kino.
Carries gottesfürchtige Mutter wird von Piper Laurie derart bösartig und hassenswert dargestellt, dass man nicht die geringste Sympathie für ihren Charakter entwickelt. In einer Nebenrolle ist der blutjunge John Travolta, ebenfalls in einer seiner ersten Filmrollen zu sehen. Auch wenn seine Darstellung ein klein wenig zum Overacting neigt, darf nicht vergessen werden, dass die Halbstarken in King-Verfilmungen sich fortan stets an diesem Vorbild orientierten, und es bis heute tun. Allerdings stiehlt Hauptdarstellerin Sissy Spacek, die hier eine ihrer ersten Rollen absolviert, allen ganz locker die Show. Sie verleiht ihrer Rolle absolute Glaubwürdigkeit. Ihre schüchterne Zurückhaltung kauft man der Darstellerin ebenso ab, wie das finale Zurückschlagen. Wenn Carrie beim Abschlussball blutüberströmt auf der Bühne steht, dann strahlt Spacek derart viel Zorn aus, dass selbst der Zuschauer zusammenzuckt. Überhaupt ist Blut das zentrale Leitmotiv des Films. Es beginnt mit der ersten Monatsblutung und endet mit einem – wortwörtlichen – Blutbad. Dabei spielt Regisseur und Produzent De Palma sein gesamtes Repertoire an filmischem Können aus. Die Bildsprache des Films entwickelt eine derart gespannte Atmosphäre, dass selbst die späteren – und wesentlich blutigeren – Fortsetzungen und Remakes des Films diesem nicht einmal annähernd das Wasser reichen können.
Bildqualität
-
Das Bild der Blu-ray ist ziemlich wechselhaft geraten und lässt rückblickend vermuten, dass schlussendlich nicht mehr aus dem Ausgangsmaterial herauszuholen ist. So kommt es immer wieder zu recht weichen Einstellungen in denen Details verloren gehen, genauso wie das Filmkorn – schließlich wurde die Roman-Adaption 1976 natürlich noch analog aufgenommen – sich mal sehr, mal weniger stark bemerkbar macht. Hinzu kommt, dass Lichtquellen wie Autoscheinwerfer, Zimmerleuchten oder Bühnenscheinwerfer sowie helle Hintergründe immer wieder zu Überstrahlungen neigen, ja teils so sehr, dass man meinen könnte, ein leichter Schleier läge über dem Objektiv. Dass es hin und wieder auch mal zu Unschärfen kommt, sei einem inzwischen fast 50 Jahre alten Streifen dann gestattet. Doch trotz zahlreicher Kritik gibt es auch positive Aspekte an der Umsetzung zu vermerken, die hier zum Beispiel hervorragend von Verschmutzungen oder Bildfehlern befreit wurde. In den gut gelungen Abschnitten, die hier auch zahlreich vorhanden sind, kommen die Farben sehr gut zur Geltung. Besonders Rot- und Grün-Töne stechen hierbei positiv hervor. Bunte Kerzen im Haus der Whites zeugen ebenso davon, wie die kontrastreich geschmückte Sporthalle beim Abschlussball. Hier ist es dann auch das satte Rot des Schweineblutes, mit dem die arme Carrie übergossen wird, oder die ebenfalls sehr intensiv orange leuchtenden Flammen, welche aus Carries Wutausbruch resultieren, die hier besonders ins Auge fallen. Recht gut gelungen ist auch der Schwarzwert, welcher hier sehr satt ausgefallen ist. Zwar sind die Schatten meist nicht sehr gut abgestuft, sodass Details in ihnen verloren gehen, dennoch kann man das Schwarz fast kaum von den Rändern des in einem Ansichtsverhältnis von 1.85:1 vorliegenden Bildes unterscheiden. Der Detailgrad selbst wechselt mit den entsprechend gut oder weniger gut gelungenen Einstellungen und ist damit ebenfalls von „sehr gelungen“ bis „ist noch OK“ einzustufen. Denn mal sind einzelne Haare von Carries dünner Mähne zu sehen, im nächsten Moment sind ihre zahlreichen Sommersprossen aber dann wieder kaum zu erkennen. Kurz um: Sein Alter kann der Film hier leider nicht nur Ausstattungstechnisch, sondern eben auch vom Bild her nicht verbergen.
Bild 4k UHD
-
Für die ultra-hochauflösende Umsetzung reicherte man das Bild mit den High Dynamic Range-Techniken HDR10 und Dolby Vision an – letzteres liegt diesem Review zugrunde. Es fällt dann auch einmal mehr auf, dass durch die HDR-Technik das Bild insgesamt leicht abgedunkelt wird, allerdings noch in einem annehmbaren und damit wenig störenden Maße. Allerdings fällt leider ebenso so schnell auf, dass der Unterschied zur dem Set beiliegenden Blu-ray gar nicht so massiv ausgefallen ist, man hier nur noch marginale Verbesserungen erkennen kann. So sind es die Farben – ebenfalls wären dabei wieder die Rot- und Grün-Töne zu nennen – die hier nochmals ein gutes Stück satter ausgefallen sind. Auch schwarz kommt nochmals intensiver herüber, aber dadurch eben auch mit einigen versackenden Details bei nächtlichen Aufnahmen oder weniger gut ausgeleuchteten Handlungsorten. Leider konnte man auch die Überstrahlungen bei Fahrzeugscheinwerfern, Bühnenbeleuchtungen oder bei den Signallichtern der Einsatzfahrzeuge nicht in den Griff bekommen, was dann ebenfalls wieder im weniger guten Ausgangmaterials begründet ist. Wirkliche Steigerungen beim Detailgrad durch die höhere Auflösung machen sich auch nur sehr selten bemerkbar, auch wenn es dadurch vielleicht mal hier ein Fältchen mehr oder da eine strukturierte Stoff- oder Materialoberfläche mehr geben mag. Somit zieht die UHD ihren Vorteil maximal wieder aus der nochmals verbesserten Farbdarstellung, die allerdings auch auf der Full HD-Fassung schon recht gut gelungen war.
Tonqualität
-
- Deutsch DTS-HD Master Audio 5.1
- Deutsch PCM 2.0 Mono
- Englisch DTS-HD Master Audio 5.1
- Englisch PCM 2.0 Mono
Gegenüber den bisherigen Blu-ray Veröffentlichungen gibt es dann beim Ton für die deutsche Synchronisation eine kleine Neuerung, liegt dieser hier nun in einem Verlustfreien Multikanal HD-Format vor, ebenso wie es beim englischen Originalton schon länger der Fall war. Zusätzlich gibt es jedoch auch für beide Sprachen eine PCM 2.0 Mono Spur, die eben den jeweils gleichen Ton auf den linken und rechten Lautsprecher legt. Betrachtet man zunächst die „Verlustfreie“ Mehrkanalspur, so fällt zum einen direkt auf, dass diese relativ leise abgemischt ist und somit im Vergleich zu den PCM-Spuren ein beherzter Dreh am Lautstärkeregler der Heimkinoanlage erfolgen muss, um alles einwandfrei zu verstehen. Ebenso fällt auf, dass die Abmischung letztendendes relativ Frontlastig ausgefallen ist und die Surroundkanäle nur im Falle des Scores mit einbezogen werden. Dadurch, dass die Dialoge jedoch eben aus dem Center kommen, klingt das Ganze ein wenig gewohnter als bei der PCM-Spur, welche die Gespräche eben „zeitgleich“ aus dem linken und rechten Lautsprecher bringt, wodurch keine Direktionalität entsteht. Dies erfolgt aber immerhin wesentlich pegelstärker, sodass von Haus aus keine Nachjustierung erfolgen muss. Die Störgeräusche, die zumindest noch auf den älteren Review-Mustern zu hören waren, fallen hier nicht mehr auf. Insgesamt muss man der Vertonung, egal ob englisch oder deutsch, aber eine recht merkbare Alterung attestieren, klingen viele Effekte einfach antiquieret und auch die Dialoge sind recht schwankend ausgefallen. Zwar nicht unbedingt muffig, aber eben ein gutes Stück altbacken. Die deutsche Synchronisation entstand seinerzeit unter der Dialogregie von Werner Uschkurat, der sich auch für das Dialogbuch verantwortlich zeigte. Als Sprecher fungierten Sabine Plessner (S. Spacek), Rose-Marie Kirstein (P. Laurie), Viktoria Brams (B. Buckley), Constanze Engelbrecht (N. Allen), Michael Ande (W. Katt), Marion Hartmann (A. Irving) oder Ivar Combrinck (J. Travolta), die dem Alter entsprechend einen guten Eindruck hinterließen, aber eben inzwischen merklich gealtert sind.
Ausstattung
-
Filmdisks
- Audiokommentar von Filmhistoriker Lee Gambin und Filmkritikerin Alexandra Heller-Nichols
- Originalkinotrailer
- Deutscher Originalkinotrailer
- Deutscher Trailer (Remastered)
- Filmtipps
Dressed to Kill
Thelma & Louise
Die Körperfresser kommen
Mississippi Burning
Bonusdisk
- Acting Carrie: Interviews mit dem Regisseur und Cast (42:42 Min.)
- Visualizing Carrie: Vom Buch zum Film (41:33 Min.)
- Singing Carrie: Das Musical (6:24 Min.)
- Alternative Eröffnungssequenz (TV-Fassung) (3:29 Min.)
- Fernsehwerbespots (3:11 Min.)
- Radiowerbespots (1:29 Min.)
- 36-seitiges Booklet mit einem Text von Fabian Stumm
Die Bonusbeiträge verteilte man auf sowohl auf die Filmdisk (BD und UHD haben hier den gleiche Inhalt) als auch auf eine separat beiliegende Blu-ray: Erstere bietet zunächst die Möglichkeit einen optional deutsch untertitelten Audiokommentar von Filmhistoriker Lee Gambin und Filmkritikerin Alexandra Heller-Nichols zu aktivieren, was auch jederzeit über die Tonspuren-Auswahl möglich ist. Des Weiteren erhält man hier noch den Originalkinotrailer auf Deutsch und Englisch, sowie den Kinotrailer zur hier vorliegenden Remastered-Fassung. Im Vergleich der beiden kann man übrigens sehr gut erkennen, welche bildlichen Verbesserungen die neue Veröffentlichung bietet. Zudem gibt es noch einige Programmhinweise des Publishers. Auf der Bonusdisk eröffnen zunächst einige Interviews mit Regisseur Brian De Palma und zahlreichen Schauspielern, die sich an ihr Mitwirken – was für viele von ihnen sogar das erste Mal vor der Kamera war - in dem Klassiker erinnern, die Sammlung der Extras. Im nächsten Beitrag steht die Umsetzung vom Buch zum Film im Fokus, an die sich De Palma und Drehbuchautor Lawrence D. Cohen zurückerinnern. Anhand von chronologischen Szenen des Films geben sie anschließend zahlreiche Anekdoten zu den Dreharbeiten preis. Danach folgt ein Feature zur Musical-Version der Stephen King-Adaption, die unter anderem auch unter dem Mitwirken von Lawrence D. Cohen entstand. Er ist es dann auch, der hier die Informationen zur Entwicklung des Musicals liefert, leider zeigt man allerdings vom Musical selbst keinerlei Ausschnitte. Lediglich zusätzliche Erinnerungen werden von Darstellerin Betty Buckley beigesteuert, welche im Film die Lehrerin „Miss Collins“ spielte, im Musical dann aber den Part von „Carries“ Mutter „Margaret White“ übernahm. Der nächste Beitrag zeigt dann eine alternative Eröffnungssequenz, die man für die TV-Fassung der Roman-Verfilmung verwendete. Diese unterscheidet sich im Wesentlichen allerdings nur darin, dass hier keine großartigen Nacktszenen im Umkleideraum gezeigt werden. Zum Abschluss gibt es dann noch einige Fernseh- und Radiowerbespots, die im Rahmen der ursprünglichen Veröffentlichung des Films geschaltet wurden. Die gesamten Beiträge sind älteren Datums und liegen zumeist in SD-Qualität bzw. 4:3 Format vor. Fans des Films werden sie zudem schon von vorherigen Blu-ray Veröffentlichungen kennen, womit sie dann nur Erstkäufern einen wirklichen Mehrwert bieten.
Das Mediabook wird in einem Schuber mit alternativen Cover geliefert und enthält noch ein insgesamt 36-seitiges Booklet mit einem Text von Fabian Stumm. In diesen beschäftigt er sich mit der Entstehung des Films und erinnert sich an seine Erstsichtung der Roman-Adaption im Jugendalter zurück, die ihn auf seinem nachfolgenden Berufsweg maßgeblich prägte. So sehr sogar, dass er später auf einer US-Reise zahlreiche Drehorte besuchte.
Fazit
-
Die Film-Adaption von Steven Kings ersten Romans ist auch heute noch zu Recht ein Klassiker, der inhaltlich unter die Haut geht. Wenn die arme „Carrie“, die wirklich hervorragend von Sissy Spacek gespielt wurde, von ihren Schulkameradinnen oder der stark religiösen Mutter schikaniert wird, möchte man ihr auch anno 2024 noch gern zur Seite stehen und hat für ihre Wutausbrüche durchaus Verständnis. Die ultra-hochauflösende Fassung zieht dabei einmal mehr ihren Vorteil aus der etwas besseren Farbgebung, unterscheidet sich aber ansonsten nicht großartig von der dem Set ebenfalls beiliegenden Full HD-Fassung. Beide Formate haben dann auch mit dem doch recht unvorteilhaften Ausgangsmaterial zu kämpfen, welches eben wechselhafte Bildqualitäten, sowie zahlreiche weiche und überstrahlende Abschnitte mit sich bringt. Im Vergleich mit den Originalkinotrailer, die auch im Bonus-Material zu finden sind, hat sich zwar sicherlich enorm etwas getan, allerdings gibt es eben auch ähnlich alte Werke, die deutliche bessere Eindrücke auf UHD hinterlassen - ganz zu schweigen davon, dass man die hier vorliegende Umsetzung nicht mit aktuellen Produktionen vergleich kann, was sich auch besonders im Falle des stark in die Jahre gekommenen Tons niederschlägt. Für Sammler und Fans des Klassikers mag daher vor allem das gelungene Mediabook - samt Schuber und Booklet mit einem informativen Text von Fabian Stumm - ein erneuter Kaufgrund sein.
(Jörn Pomplitz)
(weitere Reviews anzeigen)
Kaufempfehlung
Testgeräte
TV: LG OLED 65C17LB
Player: Oppo UDP-203
AVR: Yamaha RX-A1080
Front-Lautsprecher: Canton Vento 890.2
Center-Lautsprecher: Canton Vento 866
Surround-Lautsprecher: Canton Chrono 507
Subwoofer: SVS SB-2000 Pro