Mit ihrem Roman „Der Gesang der Flusskrebse“ katapultierte sich die amerikanische Autorin und Zoologin Delia Owens 2019 an die Spitze der US-Bücher-Charts. Mit insgesamt 4,5 Millionen verkauften Exemplaren konnte sich der Mix aus Mystery, Justiz-Thriller und Coming-of-age Drama zum erfolgreichsten Buch des Jahres küren. Kein Wunder, dass Hollywood diesen Erfolg zeitnah in eine Film-Adaption verwandelte, für die sich unter anderem Erfolgsschauspielerin Reese Witherspoon – hier in der Funktion der Produzentin tätig – stark machte. Nachdem der Film knapp das fünffache seiner Produktionskosten an den Kinokassen einspielte, stellt Publisher Sony Pictures Home Entertainment die Verfilmung nun als Blu-ray in den Handel. Ob diese dabei auch mit ihrer Romanvorlage mithalten kann, klärt der nun folgende Sichtungsbericht.
Story
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Ende der 1960er Jahre wird die Leiche von Chase Andrews (H. Dickinson) im Marsch-Gebiet der Sümpfe von North Carolina gefunden. Für die Bewohner kommt mit Cathrine „Kya“ Clark (D. Edgar-Jones) – von allen nur das „Marschmädchen“ genannt - schnell die vermeintliche Täterin infrage. Die junge verschlossene Frau lebt schon seit ihrer Kindheit zurückgezogen und allein in den Sümpfen und wurde kurz zuvor mit dem Opfer in Verbindung gebracht. Der ehemalige Anwalt Tom Milton (D. Strathairn) glaubt jedoch nicht an die voreiligen Beschuldigungen, welche man der schüchternen jungen Frau vorwirft und versucht vor Gericht alles, um die Geschworenen von der Unschuld seiner Mandantin zu überzeugen. Doch wie kam es nun zum Tode des beliebten Quarterbacks der Stadt?
Vorweg zunächst einmal die gute Nachricht an alle Fans des auch in Deutschland sehr beliebten Romans: Die Verfilmung, für die sich Regisseurin Olivia Newman verantwortlich zeigt, ist sehr nahe an seiner Vorlage geblieben und sollte daher alle sehr gut zufrieden stellen. Für alle Interessenten, die noch nicht genau wissen, worum es in der Geschichte geht, hier nochmal eine etwas ausführlichere Schilderung der Ereignisse: Schon im Alter von gerade einmal 7 Jahren hat es Cathrine Danielle Clark, von ihrer Familien nur kurz „Kya“ genannt, sehr schwer. Ihr vom Alkohol gezeichneter Vater regiert Frau und Kinder mit eiserner Hand und verfällt oft wegen den geringsten Kleinigkeiten in gewalttätige Ausbrüche. In denen schreckt er auch nicht davor zurück, erbarmungslos zuzuschlagen. Ein Umstand, der zunächst die Mutter fliehen lässt und nach und nach auch die älteren Geschwister. Kya zieht schon in dieser Zeit die Kraft aus der umherliegenden Natur und ihrer geheimnisvollen Schönheit mit ihren zahlreichen Tieren, Pflanzen und Muscheln. Eines Tages kommt auch ihr Vater nicht mehr von einer seiner Sauftouren zurück, womit Kya fortan allein in den Sümpfen verbleibt. Auf sich allein gestellt meistert sie ihr Leben dennoch recht gut und hält sich mit kleineren Gelegenheitsjob für ein nahegelegenes Geschäft über Wasser. Mit der Zeit lernt sie den jungen Tate kennen, der ihr das Lesen und Schreiben beibringt. Die beiden empfinden bald mehr füreinander, doch das bevorstehende Studium von Tate löst auch diese Beziehung schon bald wieder auf, woraufhin die inzwischen zur jungen Frau herangewachsene erneut allein zurückgelassen wird. Als sich mit Chase der Quarterback der Stadt für sie zu interessieren scheint, lässt sich Kya trotz der forschen Annährungsversuche des Jungspundes auf eine Beziehung mit ihm ein. Als Chase jedoch eines Tages tot in den Sümpfen gefunden wird, steht mit Kya für die Bewohner der Stadt schnell die Täterin fest. Vor Gericht bekommt sie jedoch unerwartete Hilfe eines pensionierten Anwalts, welcher fest an ihre Unschuld glaubt. Doch werden seinen Argumente auch die Geschworenen überzeugen?
Der Film, wie auch das Buch, beginnen direkt mit dem Fund des toten Chase, welcher von Harris Dickinson gespielt wird. Und ja, dieser wird auch noch lebend zu sehen sein, denn die Geschichte wird letztendlich zu großen Teilen in Rückblenden erzählt. Hierin wird der Zuschauer Zeuge davon, wie Kya aufwächst und trotz vieler Rückschläge immer wieder neuen Mut findet weiterzumachen. Es ist wirklich schon sehr emotional und tragisch, was das junge Mädchen, später aber auch als junge Frau, durchmachen muss und wie ihr Leben immer wieder von Gewalt und Verlust gezeichnet wird. Halt und Unterstützung findet sie bei nur sehr wenigen Menschen, zu denen zum einen die beiden Afro-amerikaner Jumpin‘ und Mabel Madison - gespielt von Sterling Macer Jr. und Michael Hyatt - sowie der Nachbarsjunge Tate - in dessen Haut Taylor John Smith schlüpft – gehören. Doch auch bei letzterem ist trotz großer Gefühle bald schon Frust vorgemerkt, ordnet er doch seinen beruflichen Werdegang der Liebe über. Schnell fühlt man mit der schüchternen Kya, die wirklich hervorragend von Daisy Edgar-Jones in der älteren Version als auch von Jojo Regina in den jungen Jahren des Mädchens gespielt wird. Ein weiterer Halt im Leben der zurückhaltenden Einsiedlerin ist der pensionierte Anwalt Tom Milton, in dessen Rolle David Strathairn zu sehen ist. Sehr gefühlvoll und vorsichtig geht er auf Kya ein und hält dabei stets an ihrer Unschuld fest. Der Geschichte gelingt es dabei trotz eines sehr ruhigen Verlaufes, mit vielen emotionalen und romantischen Momenten, spannend zu bleiben, streut man doch immer wieder verschiedene Hinweise aus, die immer wieder auf andere Täter hinweisen könnten. Eben diese Spannung hält man dann auch bis zum Ende aufrecht, sodass man als Zuschauer selbst miträtseln kann, wer denn nun der Täter ist. Mit zahlreichen Naturaufnahmen von Flora & Fauna bietet man auch immer wieder etwas fürs Auge und zeigt das Marsch-Gebiet sowohl von seiner schönen als auch von seiner geheimnisvollen Seite. Durch den Wechsel zwischen Gerichtssaal und Kyas Vergangenheit entsteht zudem genügend Abwechslung, sodass es trotz einer Laufzeit von knapp zwei Stunden zu keinen Längen kommt. Ein Mystery-Drama, dass auch trotz vieler romantischer Momente die männlichen Zuschauer in seinen Bann ziehen sollte. Diesem Werk sollte man(n) daher definitiv einmal eine Chance, wird man doch mit einem spannenden wie emotionsgeladenen Filmabend belohnt.
Bildqualität
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Die in der Story-Bewertung schon erwähnten Naturaufnahmen bilden das Herzstück des hervorragend gelungenen Bildes. Hier wird Flora & Fauna mit einem sehr hohen Detailgrad abgebildet, welcher einzelne Grashalme, feine Strukturen der gesammelten Muscheln, Oberflächenbeschaffenheiten von Holz & Stein sowie die feinen Federn verschiedenster Vogelarten zum Vorschein bringt. Auch die vielen detailreichen Zeichnungen von Kya mit ihren feinen Linien sind wundervoll anzuschauen. Dazu gesellen sich teils wunderschöne Strand- und Sonnenauf- bzw. Sonnenuntergangsabschnitte, die zum Träumen einladen. Leider wirkt das alles jedoch ein wenig farbreduziert - kommen Wiesen, Bäume und Sträucher doch einfach nicht so satt herüber, wie man es sich von solch einem naturprächtigen Ort erhoffen würde. Das Bild liegt dabei in einem Ansichtsverhältnis von 2.39:1 vor und verfügt daher über die formatbedingten schwarzen Balken am oberen und unteren Rand. Dadurch büßen die Naturaufnahmen ebenfalls ein wenig ein, kämen sie in einem Vollbild doch noch eindrucksvoller herüber. Insgesamt gesehen bleibt es aber beim Meckern auf hohem Niveau bzw. der Frage des persönlichen Geschmacks – unter dem Strich kann sich das Bild nämlich trotz der Kritikpunkte sehr gut sehen lassen.
Tonqualität
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- Deutsch DTS-HD Master Audio 5.1
- Englisch DTS-HD Master Audio 5.1
- Ungarisch Dolby Digital 5.1
- Italienisch DTS-HD Master Audio 5.1
- Englisch für Sehgeschädigte
Aufgrund der vornehmlich sehr ruhigen Inszenierung sollte man bei diesem Titel kein Effekt-Feuerwerk erwarten. Die Surround-Lautsprecher werden in der Regel eher seltener beaufschlagt, meist dann, wenn man sich in der freien Natur bewegt und das Zirpen der Grillen oder das Zwitschern der Vögel zu hören ist. Auch das Plätschern des Flusswassers oder das Brechen der Wellen am Bug der kleinen Boote macht sich hierüber des Öfteren bemerkbar. Zusätzlich erhält der oftmals sehr einfühlsame Soundtrack mehr an Volumen und hüllt den Zuschauer wohlig ein. Die Dialoge sind dabei stets einwandfrei zu verstehen, sodass es hier keinerlei Probleme gibt. Im Vergleich mit dem englischen Originalton fällt die deutsche Synchronisation – hergestellt durch die Berliner Iyuno-SDI Group Germany GmbH, nach einem Dialogbuch von Alexander Löwe und unter der Dialogregie von Christoph Cierpka – etwas pegelschwächer aus. Jedoch nichts, was sich nicht durch einen kleinen Dreh am Lautstärkeregler beseitigen ließe. Zu den deutschen Sprechern zählen Daniela Molina (Kya), Max Felder (Tate), oder Henning Nöhren (Chase), welche motiviert zur Sache gehen. Insofern handelt es sich hier um eine passende Vertonung, die sich eben aufgrund der Filmausrichtung zentral auf die Dialoge konzentriert.
Ausstattung
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- Die Adaption eines Phänomens (9:35 Min.)
- Die Erschaffung der Welt (6:10 Min.)
- Frauen im Fokus (5:46 Min.)
- Entfallene Szenen (17:57 Min.)
- Lyric-Video: "Carolina" von Taylor Swift (2:55 Min.)
Der Bonus-Sektor wird von einem knapp 10-minütigem Making-of eröffnet, in dem Reese Witherspoon (Produzentin), Delia Owens (Autorin), Olivia Newman (Regisseurin), sowie zahlreiche Hauptdarsteller erzählen, wie die Adaption des Romans vollzogen wurde. Im nächsten Extra schildert der annährend gleiche Personenkreis, wie man die verschiedensten Drehorte erkundete und wie man sie zu den aus dem Roman bekannten Plätzen gestaltete. Der dritte Beitrag stellt dann die „Frauen-Power“ des Filmprojektes in den Fokus, waren doch vermehrt Damen sowohl vor als auch hinter der Kamera für die Produktion des Films verantwortlich. Ein Block von insgesamt 14 entfallenen Szenen stellt das nächste Feature dar und zeigt damit eine stattliche Anzahl von Abschnitten, die es nicht in den fertigen Film geschafft haben. Das Lyric-Video zum Songs „Carolina“ aus der Feder der modernen Country-Musikerin Taylor Swift bildet dann den Abschluss der Extras, welche zwar recht interessant ausgefallen sind, unter dem Strich aber nicht wirklich etwas bieten, dass man nicht schon dem Film entnommen hat. Alle Beiträge verfügen erfreulicher Weise über deutsche Untertitel.
Kaufempfehlung
Testgeräte
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Mit einer sehr vorlagengetreuen Umsetzung sollte sich die Film-Adaption schnell einen Platz in die Herzen der Roman-Fans sichern. Doch auch Zuschauer, welche das zugrundeliegende Buch bisher nicht gelesen haben, sollten hier definitiv einen Blick riskieren: Der Mix aus Mystery, Justiz-Thriller und Coming-of-age Drama bietet spannende und emotionsgeladene Unterhaltung von der ersten bis zur letzten Minute. Technisch kommt die blaue Scheibe dabei mit einer sehr soliden Umsetzung daher, welche beim Bild mit wundervollen Naturaufnahmen punkten kann. Nur etwas farbenfroher hätte man das ganze trotz dem ernsten Thema ruhig umsetzen können. Akustisch bleibt es aufgrund der ruhigen Erzählweise eher unspektakulär, was allerdings zu erwarten war. Die Extras bieten dann noch einige interessante Einblicke in die Filmentstehung, wenn hier auch nicht wirklich große Überraschungen warten. Film und Buch können insgesamt gesehen gut nebeneinanderstehen, sodass sich jeder das für sich selbst bevorzugte Medium heraussuchen kann.
(Jörn Pomplitz)