Lange Zeit fristete der Kultfilm "Blutgericht in Texas" - hier zulande besser unter dem Titel "The Texas Chainsaw Massacre" bekannt - sein Dasein auf dem Index für jugendgefährdende Medien, was ihn allerdings nicht daran hinderte, bei den Horrorfans zum Kultfilm zu avancieren. Mittlerweile ist der Film, welcher aus der Feder des amerikanischen Regisseurs und Drehbuchautors Tobe Hooper stammt, nun schon eine Zeitlang legal im Handel und ohne große Umwege erhältlich. Einen großen Anteil daran hat die deutsche Edel-Schmiede "Turbine Medien", welche den Film zum einen mit großen Anstrengungen vom Index holte und ihn zum anderen in den Folgejahren in gut 20 Editionen auf den Markt brachte. Nachdem man dem Kultfilm schon 2016 erstmals eine ultra-hochauflösende Fassung im Keep Case spendierte und dieser Fassung 2019 eine Steelbook-Edition hinterherschob, erscheint nun erneut eine Sonderverpackung mit der Ultra HD-Variante des Films. Bei der neuen, in vier Cover-Varianten und auf 550 Exemplare limitierten Premium Edition beschränkt man sich diesmal jedoch nicht nur auf die Verpackung, welche aus dem bereits bekannten Steelbook, einem neuen Slipcase sowie einem 60-seitigen Booklet besteht, sondern packt auch nochmals die 4K-Fassung des Films an, in dem man sie mit zwei High Dynamic Range Varianten (HDR10 & Dolby Vision) anreichert. Die ebenfalls beiliegende Blu-ray und Bonus-Disk entsprechen abermals vorherigen Veröffentlichungen. Ob sich für Fans des Films eine erneute Investition lohnt, soll anhand des nachfolgenden Reviews ermittelt werden. (jp)
Story
Fünf junge Menschen verirren sich mitten in Texas auf der Suche nach dem Haus der Großeltern zweier Jugendlicher. Während der Fahrt nehmen sie einen Anhalter mit, der sie zu einem Landsitz führt, der ein ehemaliger Schlachthof war. Die Jugendlichen ahnen noch nicht, dass für sie bald die Hölle auf Erden beginnt, denn im angeblichen Landsitz wartet eine Horde degenerierter Kannibalen auf sie...
Der Film warb und wirbt damit auf einer wahren Begebenheit zu beruhen – was auch, zumindest zum Teil, den Tatsachen entspricht, wobei die wahre Begebenheit hier sehr ausgeschmückt wurde. Wie bei Alfred Hitchcocks „Psycho“, einigen Motiven aus „Schweigen der Lämmer“ oder ganz besonders bei „Deranged“ aus dem Jahr 1974 basiert die Grundidee von Tobe Hoopers „Kettensägenmassker“, beziehungsweise „Blutgericht in Texas“ oder eben „The Texas Chain Saw Massacre“ auf dem Fall des Serienmörders Ed Gein, der bis heute Filmemacher und Buchautoren zu Geschichten inspiriert.
Das „Kettensägenmassaker“ geht allerdings noch einen Schritt weiter und präsentiert uns nicht etwa einen geistig verwirrten Einzeltäter, sondern eine ganz Familie von degenerierten Rednecks, die im Hinterland von Texas auf ihre Opfer lauern und diese verspeisen, beziehungsweise anderweitiger Verwendung als Dekoration oder in Form von Möbelstücken und Kleidung zuführen. Das ikonischste Mitglied der Familie ist dabei ganz klar das von Gunnar Hansen gespielte „Ledergesicht“ – in Original Leatherface – ein hünenhafte Kerl mit Hammer und der Kettensäge, der gern die Haut seiner Opfer als Maske trägt.
Bis dieser allerdings zu Werke geht lernen wir erst einmal eine Gruppe junger Leute kennen, die vom Unglück verfolgt werden und somit in die Fänge der Familie Sawyer und letztendlich in deren Kochtopf geraten. Darstellerisch leisten die damals unbekannten Schauspieler beachtliches, allen voran Marilyn Burns als Sally. Am besten bleibt jedoch der etwas nervige Franklyn, gespielt von Paul A. Partain, in Erinnerung, der als invalider Rollstuhlfahrer nicht wirklich wegrennen kann, und eines der denkwürdigsten Schicksale des Films erleidet.
Legendär ist auch die Endszene, in der die letzte Überlebende zum Dinner mit der Familie genötigt wird – eine Szene, die nicht nur dem Zuschauer, sondern auch den Darstellern mächtig zusetzte. Die Anspannung, die Intensität und die Stimmung dieser Szene ist unvergleichlich, die Atmosphäre ist derart angespannt, und man kann als Zuschauer förmlich „riechen“ was die verzweifelte Heldin riecht. Die Szene erhielt Einzug in die Popkultur und wurde zuletzt im aktuellen Ableger der „Resident Evil“-Spielereihe mit einer Hommage geehrt.
Das Besondere ist indessen die Gewaltdarstellung, denn auch wenn sich jeder der den Film gesehen hat daran „erinnert“ wie die Kettensäge die Opfer zerteilt, jeder noch die Bilder des eindringenden Fleischerhakens im Kopf hat, so hat doch niemand wirklich diese Bilder „gesehen“, denn die grafische Gewalt bleibt größtenteils aus, vermutlich weil es schlichtweg zu teuer war, sie glaubhaft darzustellen. Bei der 13 Jahre später entstandenen Fortsetzung sah das da schon ganz anders aus, aber dazu an anderer Stelle mehr.
Tobe Hooper blendet in seinem ersten Kettensägenmassker immer dann ab, wenn es wirklich zur Sache geht – oder es steht jemand genau im Weg, so dass das Schlimmste vor dem Zuschauer verborgen wird, wodurch die Bilder dessen, was sich da gerade abspielt, im Kopf entstehen, wo sie noch deutlich grausamer und schrecklicher ausfallen, als es auf der Leinwand überhaupt möglich wäre. Hooper gelang es mittels der Suggestion einen Film zu erschaffen, der in der Erinnerung der Zuschauer weitaus brutaler war als sein Remake, welches im Gegenzug alle Gräueltaten in Nahaufnahme zeigt. Ein direkter Vergleich zwischen Original und Remake findet sich übrigens im Bonusmaterial. Dieses Feature wurde angefertigt, um die Beschlagnahmung des Titels aufheben und ihn vom Index streichen zu lassen.
Ja, dieser Film ist gemein, der Film ist fies, der Film ist purer Terror – und genau das ist es auch, was ihn zu einem Meisterwerk macht. Man spürt, fühlt, erleidet all das, was den armen Seelen zustößt, und man verzweifelt mit ihnen, denn ein Entkommen gibt es nicht, oder ist zumindest sehr unwahrscheinlich.
Nach diesem Film wurden zahlreiche Fortsetzungen und Prequels auf den Weg gebracht, und Michael Bay produzierte ein recht gelungenes Remake unter der Regie des deutschen Regisseurs Marcus Nispel mit Jessica Biel in der Hauptrolle, welches ebenfalls mit einem Prequel bedacht wurde. Die grafische Gewalt mag in allen Filmen höher gewesen sein, aber keiner der späteren Filme konnte auch nur Ansatzweise die Stimmung erzeugen und beim Zuschauer ein derartiges Gefühl der Beklemmung auslösen wie dieses Original von Tobe Hooper. (ms)


Bildqualität

Bild 4k UHD

Tonqualität

Ausstattung
- Audiokommentar mi den Darstellern Marilyn Burns, Paul A. Partain, Allen Danziger und Ausstatter Robert A. Burns (BD &UHD)
- Audiokommentar mit Regisseur Tobe Hooper, Kameramann Daniel Pearl und "Leatherface" Gunnar Hansen (BD &UHD)
- Audiokommentar mit Regisseur Tobe Hooper (BD &UHD)
- Audiokommentar mit Kameramann Daniel Pearl, Cutter J. Larry Carroll und Ton-Ingenieur Ted Nicolaou (BD &UHD)
- Tonspur mit Musik & Sound-Effekten (BD &UHD)
- Dokumentationen
o TCM - The Shocking Truth (72:49 Min.)
o TCM - The Shocking Truth (Outtakes) (7:41 Min.)
o Flesh Wounds - Fleischwunden (71:42 Min.)
o Das TCM-Haus - Mit Gunnar Hansen (8:02 Min.)
o Der Geheiligte Boden des Horror (20:09 Min.)
o TCM - A Family Portrait (60:30 Min.)
o Das 5-Minuten Massaker (5:31 Min.)
- Interviews
o Off The Hook - Interview mit Darstellerin Teri McMinn (17:02 Min.)
o Das Kettensägen-Business - Interview mit Produktionsleiter Ron Bozman (16:23 Min.)
o Aus Grossvaters Nähkästchen - Interview mit Darsteller John Dugan (15:48 Min.)
o Der Kettensägenschnitt - Interview mit Cutter J. Larry Carroll (10:47 Min.)
- Schneideraum
o Lange verschollenes Schnittmaterial (15:07 Min.)
o Entfernte Szenen (25:23 Min.)
o Outtakes (2:21 Min.)
- Marketing
- 40th Anniversary Trailer (1.38 Min.)
- Kinotrailer, Fernsehspots & Radiospots
Das umfangreiche Bonusmaterial lässt kaum Wünsche offen und macht den wissbegierigen Zuschauer zu einem Experten, sofern er es denn wünscht. In insgesamt vier Audiokommentaren mit den Darstellern und dem Regisseur bekommen wir allerhand Hintergrundinformationen „aus erster Hand“ zu hören, die sich unter anderem mit den schrecklichen Drehbedingungen beschäftigen, aber auch viel über die Hintergründe erzählen. Wem das noch nicht genug ist, der hat die Gelegenheit anhand zahlreicher Dokumentationen, die teilweise in Spielfilmlänge und im Falle von „A Family Portrait“ sogar mit deutschem Voice-Over-Ton vorliegen, sich noch weiter in die Materie hineinzufressen. Neben den Dokumentationen, den Interviews, den geschnittenen Szenen und Outtakes (ja, sogar die gibt es!) bekommen wir noch Haufenweise Werbematerial zu sehen. Schade ist nur, dass die zweistündige Diskussionsrunde mit dem deutschen Ausnahme-Regisseur Jörg Buttgereit, in welcher heiß über Sinn und Unsinn und vor allem Hintergründe der deutschen Zensur und der FSK gesprochen wird, hier nicht mit enthalten ist. (ms)
Anmerkung Limited Premium Edition:
Während die Bonus-Disk ebenfalls den bisherigen Veröffentlichungen entspricht, liegt der Limited Premium Edition neben einem Slipcase noch ein 60-seitiges Booklet bei. Dieses beschäftigt sich unter anderem mit der Entstehung des Klassikers, seiner Zensurgeschichte und der damit verbundenen Beschlagnahmung in Deutschland sowie der späteren Befreiung vom Index. Zudem befasst man sich mit dem ganzen Franchise und seinen einzelnen Teilen - vom Kultfilm bis zur (bei Erstellung dieses Reviews) aktuellen Fortsetzung, welche beim Streaming-Anbieter Netflix zu sehen ist. Etwas schade ist hingegen, dass man beim Steelbook wieder auf ein bekanntes Cover zurückgriff - hier wäre es natürlich schön gewesen, wenn es ein neues Motiv gegeben hätte. (jp)

Fazit
Auch knapp 50 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung hat das Original um Leatherface seine Wirkung nicht verloren. Denn auch heute noch zerren die teils verstörenden Bilder und der bizarre Soundtrack an den Nerven des Zuschauers - und das natürlich im positiven Sinne, denn nichts anderes soll ein Horrorfilm ja tun. Das Turbine Medien dem Titel inzwischen zu über 20 Veröffentlichungsvarianten verhalf ist dabei mehr als löblich - sollte sich doch somit für jeden Fan eine passende Fassung finden. Die optisch derzeit beste Variante liegt mit der hier rezensierten ultra-hochauflösenden Fassung vor. Besser sah Leatherface' erster Auftritt noch nie aus. Auch wenn man natürlich in Anbetracht des Filmalters, der damals genutzten Technik und dem geringen Budget Abstriche machen muss, kommen Fans hier voll und ganz auf ihre Kosten. Die Überarbeitung gegenüber der vorherigen 4K-Fassung macht sich definitiv bemerkbar, was sich vor allem auf die Farbgebung, welche durch die High Dynamik Range Varianten in neuem Glanz erstrahlt, bezieht. Den dreckigen und körnigen Look, für den der Klassiker bekannt ist, hat man ansonsten beibehalten. (jp)
(Jörn Pomplitz)
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Kaufempfehlung
Testgeräte
TV: LG OLED 65C17LB
Player: Oppo UDP-203
AVR: Yamaha RX-A1080
Front-Lautsprecher: Canton Vento 890.2
Center-Lautsprecher: Canton Vento 866
Surround-Lautsprecher: Canton Chrono 507
Atmos-Lautsprecher: Canton InCeiling 989
Subwoofer: SVS SB-2000 Pro