Das Independentlabel Wicked Vision ist immer für eine Überraschung gut. Zum einen führen sie zahlreiche Titel aus der guten alten Videothekenzeit im Portfolio, die sich primär an Genrefreunde richten, zum anderen veröffentlichen sie aber auch immer wieder cineastische Leckerbissen wie zuletzt „Der Mann, der lacht“ aus dem Jahr 1928 oder jetzt das oscarprämierte Biopic-Drama „Licht im Dunkel“ von Regisseur Arthur Penn aus dem Jahr 1962. Dieser Titel erscheint in unterschiedlichen Mediabookvarianten, welche allesamt den Film auf Blu-ray Discu und DVD beinhalten. Was der Film zu bieten hat, und wie sich die im Set enthaltene Blu-ray Disc in technischer Hinsicht schlägt, klärt die nun folgende Rezension.
Story
Seit frühester Kindheit blind und gehörlos, ist die siebenjährige Helen Keller in einer furchterregenden, einsamen Welt der Stille und Dunkelheit eingeschlossen: Nie hat sie den Himmel gesehen, nie die Stimme ihrer Mutter gehört, nie konnte sie ihren tiefsten Gefühlen Ausdruck verleihen. Dann aber nimmt sich Annie Sullivan, eine junge Lehrerin aus Boston, ihrer an. Allein über den Tastsinn, der einzige Sinn, der beiden gemeinsam ist, gelingt es Annie, Helens Isolation zu durchbrechen. Von Annie geführt, bricht ihre tapfere Schülerin auf zu einer Reise voller Wunder – von Furcht und Einsamkeit zu Licht und Glück … (Pressetext Wicked Vision)
Wenn am Ende das Bild dunkel wird und die Schlusstitel eingeblendet werden, sitzt der Zuschauer gebannt vor dem Fernseher oder der Leinwand, wischt sich vielleicht eine Träne aus dem Augenwinkel und resümiert darüber, was er gerade für einen phantastischen Film gesehen hat. Dabei ist die Lebensgeschichte von Helen Keller und ihrer Lehrerin Annie Sullivan bereits mehrfach verfilmt worden, wobei die Ansätze und Erzählweise recht unterschiedlich waren. Der hier vorliegende Film von Regisseur Arthur Penn basiert auf dem autobiografischen Roman von Helen Keller selbst, welcher vom William Gibson zu dem Stück „The Miracle Worker“ (so auch der Originaltitel des Films) adaptiert und zuvor bereits erfolgreich auf der Bühne aufgeführt und mit einem Tony Award ausgezeichnet wurde. Regisseur Arthur Penn verwandelt das mitreißende Stück in einen Film, der so voller Bildgewalt und Emotionen steckt, dass dem Zuschauer sprichwörtlich „die Spucke weg“ bleibt.
Im Grunde genommen geht es hier um die schwierige Beziehung zwischen der taubblinden Schülerin, die dem Großteil ihrer Sinne beraubt sich gemeinsam mit ihrer Lehrerin den Weg hinaus aus der Isolation kämpft. Das es hierbei mitunter recht unangenehm zugeht, ist unumgänglich. Die siebenjährige Helen ist frustriert, neigt zu nachvollziehbaren Wutausbrüchen, und wird von ihrer Lehrerin mehr als einmal gemaßregelt und bestraft, teils härter als man es als zartbesaiteter Zuschauer erträgt, aber andererseits fruchtet die dominante und strenge Behandlung, und wer weiß, ob es ohne sie möglich gewesen wäre, dem Kind zu helfen. Ein weiteres Kunststück ist es, die nicht sichtbaren Einschränkungen der Hauptfigur dem Publikum nahezubringen, denn es fällt gewiss schwer, sich in die Situation der Protagonistin hineinzufühlen. Aber auch diese Meisterleistung ist dem Regisseur geglückt, wobei er sich zahlreicher Stilmittel bedient, die den Film auch Audiovisuell zu einem Erlebnis machen.
Völlig zurecht wurden die beiden Darstellerinnen Anne Bancroft und Patty Duke im Jahr 1962 mit dem Oscar für ihrer Darstellung belohnt, wohingegen die Oscars für das beste adaptierte Drehbuch und die beste Regie, für die „Licht im Dunkel“ ebenfalls nominiert war, zum einen an die Literaturverfilmung „Wer die Nachtigall stört“ von Robert Mulligan mit Gregory Peck in der Hauptrolle, und zum anderen an David Lean für "Lawrence von Arabien" ging – eine starke Konkurrenz. Nichtsdestotrotz ist „Licht im Dunkel“ ein packender Film, der mit den Gefühlen des Zuschauers spielt diese auf eine Achterbahnfahrt schickt, die immer wieder zwischen Verzweiflung und Hoffnung auf- und abfährt. Ein starker Film, der bereits damals mit Konventionen brach und auch heute noch genauso packend und überzeugend ist, wie zu seiner Entstehungszeit.
Bildqualität
Das körnige Schwarz-Weiß Bild wurde vom Original MGM-Material abgetastet und liegt im Ansichtsverhältnis von 1,66:1 auf die Disc gepresst und schaut absolut hervorragend aus. Die Schärfe bewegt sich auf einem hervorragenden Niveau, wobei diverse Stilmittel, die teils an die große Zeit des Expressionismus erinnern, das Gesamtbild dominieren. Die Bilddynamik ist indessen hervorragend und die einzelnen Grauschattierungen sind perfekt aufeinander abgestimmt. Hierdurch entsteht ein Bilderlebnis, dass seinesgleichen sucht. Altersbedingte Mängel gibt es quasi nicht, jedenfalls nicht in einem nennenswerten Umfang. Hier wurde erneut ein Produkt der Spitzenklasse auf den Markt gebracht, dass sein Alter – zumindest in qualitativer Hinsicht – zu keiner Zeit preisgibt.
Tonqualität
Der Ton liegt auf der Blu-ray Disc in deutscher und englischer Sprachfassung in dts-HD Master Audio 2.0 in Mono mit optional zuschaltbaren Untertiteln in beiden Sprachen vor. Akustisch klingt der Film so wie er aussieht – hervorragend! Natürlich klingende Stimmen in brillanter Klangqualität, dazu schön abgestimmte Musik und Umgebungsgeräusche – besser kann man es kaum machen. In der hervorragenden deutschen Synchronfassung bekommen wir Eleonore Noelle über Anne Bancroft, Klaus W. Krause über Victor Jory und Eva Pflug über Inga Swenson zu hören. Darüber hinaus hören wir auch den sehr begabten und wandlungsfähigen Tommi Piper und Peter Elsholtz, den Vater des wunderbaren Synchronsprechers und -regisseurs Arne Elsholtz.
Ausstattung
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- Audiokommentar
- Originaltrailer
- Bildergalerie
Neben der schicken Sonderverpackung, welche ein ausführliches Essay von Bernward Knappigbeinhaltet, wartet die Veröffentlichung mit einem informativen und sehr interessanten und vor allen Dingen exklusiven Audiokommentar mit Dr. Gerd Naumann, Christopher Klaese und dem Medianpädagogen Marco Geßner auf, welche den Film bis ins kleinste Detail auseinandernehmen und dem Zuschauer damit einen tiefen Einblick in die Materie gewähren. Darüber hinaus bekommen wir noch den Originaltrailer und eine Bildergalerie zu sehen.
Fazit
Der Film erscheint in bestmöglicher Bild- und Tonqualität in einem schicken Mediabook mit interessantem Booklet und einem informativen Audiokommentar als Bonus, womit diesem cineastischen Meisterwerk aus dem Jahr 1962 zum ersten Mal eine würdige Veröffentlichung spendiert wird. Der Film selbst ist ein mitreißendes und doch authentisches Stück Kino, welches mit zwei hervorragenden Darstellern, einer wundervollen Geschichte und großartiger Inszenierung punkten kann. Ein filmischer Leckerbissen, den man unbedingt gesehen haben sollte!
(Michael Speier)
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