Carmilla - Führe uns nicht in Versuchung Blu-ray

Die 15-jährige Halbwaise Lara wächst unter der strengen Aufsicht ihrer Gouvernante Miss Fontaine auf dem Anwesen ihres Vaters in der englischen Provinz auf. Trotz der strengen Erziehung und buchstäblichen Fesseln, die man ihr anlegt, ist sie von einer jugendlichen Neugier und Faszination für das Morbide beseelt. Eines Tages sorgt ein rätselhafter Unfall dafür, dass ein etwa gleichaltriges Mädchen ohne Erinnerungen in ihrem Haus aufgenommen wird. Die rothaarige Schöne, die man kurzerhand Carmilla nennt, wird von einer Aura betörender Faszination umgeben. Aus der Freundschaft der Mädchen entwickelt sich eine ebenso prickelnde wie verbotene Beziehung, die Tod und Verderben mit sich zu bringen scheint… (Pressetext Al!ve AG) Die hier vorliegende Verfilmung aus dem Jahr 2019 entstand unter der Regie von Emily Harris, welche auch am Drehbuch beteiligt war, und orientiert sich, anders als ihre Vorgänger, mehr an der Vorlage, entfernte dabei allerdings auch all jene Punkte, die den Film für Fans von Vampirgeschichten interessant machen, wodurch der Film deutlich realistischer geworden ist als sämtliche Adaptionen zuvor. Wer hier also bluttriefende Gewalt, lesbische Erotik und düsteren Gothic-Grusel erwartet, wird sicherlich eine ziemliche Enttäuschung erleben, denn statt eindeutiger Vampiraction bekommen wir hier eher unterschwelligen Grusel in kleinen, fast schon homöopathisch zu bezeichnenden Dosen geboten. Im Mittelpunkt der Handlung steht hier primär die erwachende Sexualität der beiden Hauptfiguren, nämlich der schüchternen Lara und der Titelfigur Carmilla. Ob es sich bei letzterer tatsächlich um einen Vampir (im klassischen oder im übertragenen Sinne) handelt, bleibt größtenteils der Fantasie des Zuschauers überlassen, während an der Homosexualität der beiden Figuren kaum Zweifel bestehen, auch wenn diese ebenfalls sehr dezent eingesetzt werden. So ist diese Neuadaption des bekannten und doch weitestgehend unbekannten Stoffes letztendlich auch keine wirklich werkgetreue Adaption, auch wenn sie sich mehr an der Vorlage orientiert als es bisher der Fall war. Die homoerotische Komponente ist nämlich auch in der Vorlage zu finden, war dort allerdings der Zeit geschuldet ebenso unterschwellig und subtextuell, wie es der Vampiraspekt in dieser Verfilmung ist. Zugutehalten darf man dem Film seine zwar langatmige aber eben dadurch sehr gefühlvolle Inszenierung. In gewisser Weise passt „Carmilla“ perfekt in die heutige, sehr vom Feminismus geprägte Zeit der sexuellen Selbstbestimmung und freien Sexualität. Vor nur zehn Jahren wäre ein Film wie dieser vermutlich skandalös gewesen, heute jedoch ist all das, was wir hier zu sehen bekommen, normal. Zur Entstehungszeit der Vorlage war es dies freilich nicht, und so ist der Film, obschon heute gedreht, in einer gewissen Art ein Skandalbild der damaligen Zeit. Eingefangen in teilweise traumhaft schönen Bildern, in denen die beiden Hauptdarstellerinnen, die nicht nur überzeugend agieren, sondern auch perfekt harmonisieren, zu voller Leistung auflaufen. Für den durchschnittlichen Vampirfilmfan ist „Carmilla“ daher nur sehr bedingt zu empfehlen, für all jene, denen „Twilight“ hingegen nicht seicht und erotisch genug war, ist der Film eine klare Empfehlung – sofern man auf Vampire verzichten kann.

Das klare Bild liegt im Ansichtsverhältnis von 2,39:1 vor und erinnert ein wenig an die Werke von David Hamilton, auch wenn auf den übermäßigen Einsatz von Weichzeichnern verzichtet wurde. Die Schärfe bewegt sich auf einem soliden Niveau, sinkt allerdings aufgrund der teils selbst auferlegten Schwierigkeiten (Beleuchtung) immer wieder ein wenig ab. Die Farben sind sehr dezent und zurückhaltend, dabei weitestgehend natürlich, auch wenn alles etwas blass und milchig ausschaut, aber das sollte wohl so sein. Der Kontrast geht in Ordnung, allerdings spielt auch hier die zurückhaltende und reduzierte Beleuchtung eine große Rolle, welche die Dreharbeiten gewiss nicht einfacher gestaltet haben mag. Immerhin zeigt sich ein makelloser, wenn auch etwas zu dominanter Schwarzwert, und alles in allem schaut der Film aufgrund all dieser Stilmittel so aus, wie er aussehen soll, und dadurch entsteht eine wunderbare Atmosphäre.

Der Ton liegt in deutscher und englischer Sprachfassung jeweils in dts-HD Master 5.1 mit optional zuschaltbaren deutschen Untertiteln auf der Disc vor. Aufgrund der Handlung darf man zwar keine ausufernden Soundgewitter erwarten, allerdings gibt es dennoch einige Surroundeffekte zu hören, die dem Film das gewisse Etwas verleihen. Exemplarisch seien hier vor allem das Gewitter und die (Alb-)Traumsequenzen genannt, welche zeigen, wie großartig die hinteren Kanäle zuweilen ins Geschehen mit einbezogen werden. Die Dialoge sind überwiegend gut verständlich, allerdings alles in allem etwas zu leise abgemischt. Die deutsche Synchronfassung entstand bei der „The Kitchen Germany GmbH“ in Karlsruhe nach einem Dialogbuch von Julia Müller unter der Regie von Andreas Köhler. Die deutsche Darstellerin der Carmilla, Davrim Lingnau, synchronisierte sich erwartungsgemäß selbst, während über Hannah Rae in der Rolle der Lara Sabrina D’Andrea erklingt. In weiteren Rollen bekommen wir unter anderem Claudia Adjei, Barbara von Münchhausen, Kevin Kasper und Oliver Fobe zu hören.

- Behind the Scenes - Kinotrailer - Trailershow Neben dem Kinotrailer zum Film und einigen weiteren Trailern zu anderen Titeln des Publishers findet sich lediglich ein einziges Bonusfeature mit auf der Disc, welche allerdings einen ausführlichen Einblick in die Produktion und hinter die Kulissen ermöglicht. Dabei kommen sämtliche an der Produktion beteiligten Personen zu Wort, und in der Summe erfahren wir hier mehr über den Film und dessen Produktion, als es bei mancher Big Budget Produktion mit stundenlangen Werbefilmchen im Bonusmaterial der Fall ist.

Technisch bietet die Blu-ray Disc aus dem Hause Busch solide Werte, die teilweise aufgrund der Produktionsbedingungen nicht ganz optimal ausgefallen sind, was im Umkehrschluss dann aber auch kein Manko der Disc darstellt. Die Farben sind reduziert, der Schwarzwert etwas zu dominant, aber all das macht den Film zu einem optischen Leckerbissen der perfekt zur Atmosphäre beiträgt. Akustisch wird ebenfalls einiges geboten, und der Film nutzt jede seiner reduzierten Möglichkeiten, um mit überraschendem Raumklang zu punkten. Das Bonusmaterial besteht zwar nur aus einem Feature, dieses bietet aber eine solide Mischung aus Hintergrundinformationen und Interviews. Der Film selbst ist zwar eine der werkgetreuesten filmischen Umsetzungen der Vorlage, verzichtet aber gerade auf das, was Freunde von Vampirgeschichten erwarten: den Vampir. Statt blutiger Tatsachen wird hier alles nur angedeutet, während sich der Film im Kern als sensibles Coming-Of-Age-Drama versteht, welcher die homoerotische Komponente in den Mittelpunkt rückt. Für Vampirfans daher nur bedingt zu empfehlen, zumal sich die Inszenierung für den Durchschnittsgucker etwas zu viel Zeit nimmt, um die Geschichte zu erzählen. (Michael Speier) (weitere Reviews anzeigen)

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