Obwohl die Einspielergebnisse des ersten Teils, „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ etwas hinter den Erwartungen zurückblieben, entschied man sich glücklicherweise dennoch dafür, auch den zweiten Band der Buchreihe, „Jim Knopf und die Wilde 13“ zu adaptieren, zum Teil sicherlich, weil die Kulissen und ähnliches bereits vorhanden waren, und die Produktionskosten dadurch relativiert wurden. Dem zweiten Teil blieb eine vernünftige Kinoauswertung aufgrund der Covid-19-Pandemie leider weitestgehend verwehrt und er erschien stattdessen bereits kurz nach dem Start und der darauffolgenden Schließung der Kinos im kostenpflichtigen Streamingangebot diverser Anbieter. Nun aber bringt Warner Home Video den Film im Vertrieb von Universal Pictures Home Entertainment auch endlich als optisches Medium in den Handel, wahlweise als reguläre Blu-ray Disc, oder aber als 4k-UHD Blu-ray. Und wer Teil 1 noch nicht besitzt, bekommt auch die Gelegenheit, eine günstigere Doppelbox mit beiden Filmen zu erstehen. Was der Film zu bieten hat, und wie er sich in technischer Hinsicht schlägt, klärt die nun folgende Rezension. (ms)
Story
Ein Jahr nach den Ereignissen des letzten großen Abenteuers von Jim Knopf (S. Gordon) und Lukas dem Lokomotivführer (H. Baum) ist ein Hauch von Normalität in Lummerland eingekehrt. Doch die Ruhe ist nicht von langer Dauer, denn die Piratenbande „Die Wilde 13“ hat erfahren, dass Frau Malzahn besiegt wurde und schwört nun Rache. Die Bewohner von Lummerland ahnen davon noch nichts. Auch Jim Knopf nicht, der Prinzessin Li Si (L. Esperenzante) offenbart, dass er die Wahrheit über seine Herkunft herausfinden möchte. Um diesem Geheimnis auf den Grund zu gehen und gleichzeitig Lummerland vor der drohenden Gefahr zu beschützen, brechen die Freunde zusammen mit den Dampflokomotiven Emma und Molly in ein neues noch viel gefährlicheres Abenteuer auf... (ms)
Der Film beginnt nahezu dort, wo der erste Teil aufhörte, nimmt den Faden ein Jahr später wieder auf, erzählt kurz, was bisher geschehen ist, und schon geht es weiter mit den Abenteuern, die unsere Helden an weitere abenteuerliche Ort voller Gefahren und Wunder führen. Regisseur Dennis Gansel verstand es bereits beim ersten Teil, die ausufernde Fantasiewelt von Michael Ende in wundervolle Bilder zu packen, und bei „Jim Knopf und die Wilde 13“ gelingt ihm das erneut – vielleicht sogar noch ein kleinwenig besser, aber andererseits sind die Orte, die in der Fortsetzung besucht werden, auch geradezu prädestiniert.Es mag vielleicht zum Teil daran liegen, dass die Geschehnisse der zweiten Geschichte nicht ganz so bekannt sind wie die der ersten, aber es ist tatsächlich so, dass wir hier die eine oder andere Überraschung erleben dürfen, die der erste Teil nur bedingt in Petto hatte. Natürlich hält sich der Film, wie bereits der Vorgänger, nicht 1:1 an die Vorlage von Michael Ende (und auch nicht an die legendären und unerreichten Adaptionen der Augsburger Puppenkiste), sondern lässt hier ein wenig weg, strafft dort ein wenig die Handlung und fügt da ein kleinwenig hinzu – künstlerische Freiheit eben. Aber zum einen sind die Änderungen nicht wirklich gravierend und zum anderen passen sie, so wie sie sind, hervorragend zum Gesamtbild, dass uns der Film zeichnet. Und das ist nun mal immer nur eine Interpretation einer Geschichte, die im Kopf der Millionen von Lesern mitunter ein wenig anders ausschaut. Nichtsdestotrotz ist Gansel ein wundervoller Film gelungen, der die Essenz der Geschichte einfängt und für ein modernes Publikum visuell erlebbar macht.
Die größten optischen Highlights sind einerseits die bekannten Orte wie der Große Gurumusch und natürlich das prächtige Jamballa, andererseits faszinieren vor allem die Ausflüge zu Wasser, denn hier bekommen wir nicht nur atemberaubende Bilder zu sehen, sondern es wird – gerade zum Finale hin, auch actionreich und rasant. Die Spezialeffekte sind dem ersten Teil ebenbürtig und brauchen sich hinter amerikanischen Großproduktionen keineswegs zu verstecken. Generell hangelt sich „die Wilde 13“ von einem Highlight zum nächsten, erzählt dabei eine stringente und doch abwechslungsreiche Geschichte mit mehreren in sich geschlossenen Abenteuern, die jedes für sich genommen auch als Serie gut funktioniert hätten. Trotz all der sehenswerten Schauwerte sind es vor allem wieder die Darsteller, die den Figuren, die viele von uns seit frühester Kindheit begleiten, Leben einhauchen. Ganz besonderes Augenmerk liegt diesmal wohl auf den Antagonisten, welche uns schon in der Anfangsszene des ersten Films kurz vorgestellt wurden: Die Wilde 13. Dabei handelt es sich um eine Gruppe von Piraten, die dereinst für Frau Mahlzahn Kinder entführten, allerdings ging es ihnen letztendlich immer nur um das eine: Gold und Schnaps! Nun werden die Piraten, bei denen es sich bereits im Buch um eineiige „Dreizehnlinge“ (die einzigen auf der ganzen Welt, versteht sich) handelt, weiter in den Fokus gerückt. Bekanntermaßen gleichen sich die Piraten wie ein Ei dem anderen, so musste also, in Ermangelung an echten Dreizehnlingen, ein einzelner Darsteller sämtliche Schurken gleichzeitig spielen. Die Mammutaufgabe fiel dem Multitalent Rick Kavanian zu, und es hätte kaum einen besseren für diese Aufgabe geben können. Jeder einzelne der Piraten wurde von ihm minimal anders interpretiert, heißt: Er spielt zwar gleich viele Rollen, aber jede ein kleinwenig anders, so dass man nie den Eindruck bekommt, man hätte den Charakter einfach kopiert. Der Effekt (schließlich konnte man Kavanian nicht klonen, sondern das Gesicht wurde auf die Körper von Statisten gemorpht) schaut unglaublich gut und echt aus, woran man erkennt, wie weit die Technik inzwischen fortgeschritten ist – auch in Deutschland.
Die übrigen Darsteller aus dem ersten Teil sind natürlich ebenfalls allesamt wieder mit an Bord. Als da wären an erster Stelle Henning Baum als Lukas, der nach wie vor mehr an eine kumpelhafte Bud-Spencer-Vaterfigur erinnert als an den etwas schwerfälligen aber unvorstellbar charmanten Marionettencharakter der Augsburger Puppenkiste, und auch der großartige britische Schauspieler und Musical-Star Solomon Gordon ist wieder als Jim Knopf mit von der Partie. Die beiden harmonisieren derart gut miteinander, dass man nicht anders kann als sie zu lieben. Die Lummerländer, also König Alfons der Viertel-Vor-Zwölfte, Frau Waas und Herr Ärmel, werden ebenfalls erneut von Uwe Ochsenknecht, Annette Frier und Christoph Maria Herbst gespielt, allerdings sind auch hier die Rollen wieder verhältnismäßig klein, so dass keiner der großartigen Darsteller wirklich punkten kann. Das gleiche gilt für Milan Peschel als Scheinriese Herr Tur Tur, dessen Fähigkeiten hier ebenso gebraucht werden, wie die des herrlich-herzlichen Halbdrachen Nepomuk, der erneut komplett computeranimiert und von Michael Herbig synchronisiert wurde. Trotzdem ist es schön, dass sie wieder mit dabei sind. Neu mit an Bord ist Sonja Gerhardt als Sursulapitschi. Die Meerjungfrau, die eine zwar kleine aber wichtige Rolle spielt, wird von der Schauspielerin Sonja Gerhardt gespielt, und diese passt so hervorragend in die Rolle und zum restlichen Cast, dass man sich hier deutlich mehr Leinwandzeit erhofft hätte – aber das trifft im Grunde genommen auf all die großartigen Darsteller zu, die den Film zu dem machen, was er ist: einen der besten deutschen Abenteuerfilme, die in den letzten Jahr(zehnt)en das Licht der Leinwand erhellten – auch wenn das in diesem Fall leider weitestgehend nur übertragen gemeint sein kann. (ms)
Bildqualität
Mit einer Optik die oftmals Referenz-Niveau erreicht, setzt sich der gute Eindruck beim zweiten Teil auch in Bildtechnischer Hinsicht fort. Der Zuschauer erhält hier ein glasklares und sehr scharfes Bild, das schon in der Full HD-Fassung jede Menge Details preisgibt. Sei es die feine Wollstruktur von Jims Pullover, das feine karierte Muster auf Frau Waas Schürze oder die Bart-Stoppel von Drache Nepomuk. Auf dem Großen Gurumusch sind die feinen Strukturen der Zylinderförmigen Steine ebenfalls sehr gut zu erkennen. Das Schiff der Wilden 13, die beiden Lokomotiven Emma und Molly strotzen ebenso nur vor Details, hier ist jede noch so kleine Schraube am Kessel zu erkennen. Das Ganze setzte man mit einer sehr natürlichen Farbgebung um, welche satte grüne Wiesen, einen klaren blauen Himmel aber eben auch fast tiefschwarze Magnetsteine zu bieten hat. Auf See kann man die Wellen bis zum kleinsten Tropfen am Buck des Piratenschiffs brechen sehen und das feine Body-Painting von Sursulapitschi Darstellerin Sonja Gerhardt bringt jede noch so feine Linie zu Vorschein. Hier kann man wirklich dem Team wirklich nur eine erstklassige Bildqualität bestätigen, von der sich so manche Hollywood Blockbuster-Produktion eine dicke Scheibe abschneiden kann. Hier zeigt man noch einmal eindrucksvoll, zu was die Blu-ray fähig ist, weshalb man sich zu Recht die Höchstwertung verdient hat. (jp)
Tonqualität
Auch bei der Akustik schöpft man aus dem Vollem und bietet die folgenden Tonspuren:
• Deutsch Dolby Atmos (inkl. Dolby True HD 7.1)
• Deutsch DTS-HD Master Audio 5.1
Erfreulicher Weise spendierte man der Fortsetzung wieder ein modernes 3D-Soundgewand, welches erneut über zahlreiche Einsätze der Deckenlautsprecher verfügt. Gleich zu Anfang rasselt hier ein Anker beim Lichten der Decke entgegen, weiter geht es mit dem Pfeifen von Emma, zudem gesellen sich immer wieder Wetter-Effekte wie Wind, Regen und Donner hinzu. Auch das Rauschen des Meeres oder die Tauchvorgänge von Sursulapitschi hüllen den Zuschauer wohlig ein. Wenn die Wilde 13 das getarnte Schiff von Jim und Lukas entert, fliegen einem wortwörtliche die Kanonen-Kugeln über den Kopf. Das Ganze garniert man mit teils satten Bässen, die jedoch unter dem Strich recht Familienfreundlich ausgefallen sind und ruhig noch ein bisschen mehr Druck vertragen hätten können. Insgesamt hätte der Einsatz der oberen Surround-Kanäle aber ruhig noch häufiger stattfinden können. Zwar sind die vorhanden Szenen auch physikalisch korrekt umgesetzt worden, für den "Spaß" hätte man hier aber gerne noch das ein oder andere "oben drauf" packen können. Sei es drum, das ist letztendlich Meckern auf hohem Niveau - wie viele große Hollywood Blockbuster bieten erst gar keinen Atmos-Sound. Auf der unteren Ebene werden ebenfalls immer wieder Umgebungsgeräusche wie plätscherndes Wasser, der Wind in den Segeln oder das Schnaufen von Emma und Molly, sowie zahlreiche andere Effekte wiedergegeben. Hier ist wirklich immer was los. Positiv zu vermelden sind auch die Dialoge, die stets einwandfrei zu verstehen sind. Ein kurzer Vergleich mit der ebenfalls in Deutsch erhältlichen DTS-HD Master Audio Spur ergibt einen etwas geringeren Pegel bei eben jener, sodass in jedem Fall der Atmos-Spur bzw. deren integriertem Dolby True HD-Kern der Vorzug gegeben werden sollte. (jp)
Ausstattung
Das Bonus-Material ist mit den folgenden Beiträgen wirklich umfangreich und vielseitig ausgefallen:
• Making-of "Jim Knopf und die Wilde 13" (19:09 Min.)
• VFX-Making-of (vorher / nachher) (9:23 Min.)
• Nicht verwendete Szenen (9:12 Min.)
• Verpatzte Szenen (4:04 Min.)
• Musikvideo (2:46 Min.)
• Storyboards (5:32 Min.)
• Kinotrailer (1:30 Min.)
• Audiokommentar mit Cast & Crew
• Interviews
◦ Solomon Gordon (1:05 Min.)
◦ Henning Baum (3:29 Min.)
◦ Leighanne Esperanzate (1:19 Min.)
◦ Rick Kavanian (2:36 Min.)
◦ Sonja Gerhardt (1:50 Min.)
◦ Annette Frier (2:19 Min.)
◦ Christoph Maria Herbst (3:21 Min.)
◦ Uwe Ochsenknecht (1:58 Min.)
◦ Milan Peschel (2:00 Min.)
◦ Michael Bully Herbig (5:15 Min.)
◦ Dennis Gansel (3:49 Min.)
◦ Christian Becker (5:51 Min.)
• Featurettes
◦ Die Wilde 13 (2:18 Min.)
◦ Die Geschichte (2:14 Min.)
◦ Michael Ende (3:03 Min.)
• Character Pods
◦ Solomon Gordon (0:16 Min.)
◦ Henning Baum (0:16 Min.)
◦ Sonja Gerhardt (0:24 Min.)
◦ Rick Kavanian (0:28 Min.)
◦ Milan Peschel (0:25 Min.)
◦ Christoph Maria Herbst (0:25 Min.)
◦ Annette Frier (0:19 Min.)
◦ Leighanne Esperanzate (0:18 Min.)
◦ Michael Bully Herbig (0:22 Min.)
Den Start ins Bonus-Material liefert erst einmal ein Making-of in dem Cast und Crew von den Dreharbeiten berichten. Wie man auch aus dem Audiokommentar erfahren kann, fanden diese wieder in Südafrika statt, wo man gar das Glück hatte, auf Piratenschiffe der ebenfalls dort gedrehten TV-Serie "Black Sails" zurückgreifen zu können. Weiter geht es mit einem Vergleich zwischen den ersten Entwürfen und den fertigen visuellen Effekten des Films, bevor man mit ein paar nicht verwendete Szenen und einigen Patzern vom Dreh überschüssiges Material zeigt. Das Musikvideo zeigt viele Ausschnitte aus dem Film, ist insgesamt aber ein wenig lahm geraten. Im Audiokommentar geben Produzent Christian Becker, Regisseur Dennis Gansel, sowie Hauptdarsteller Henning Baum einige Anekdoten zum Dreh preis. Corona bedingt, musste der Audiokommentar über eine Videoschalte zwischen den Teilnehmern erstellt werden. Dies hatte aber zum Vorteil, dass man zwischendurch auch verschiedene andere Schauspieler als Gäste mit in den Audiokommentar hinzuschalten konnte. Die Interview-Sektion umfasst dann Gespräch mit quasi allen Hauptfiguren, welche zuvor eingeblendete Fragen mal mehr, mal weniger ausführlich beantworten. Aber auch wenn die Interviews teilweise etwas kurz geraten sind, in summe kommt dann schon wieder etwas zusammen. Mit drei kurzen Featurettes widmet man sich dann dem Schiff der Piraten, der eigentlichen Geschichten und deren Autor Michael Ende. Etwas überflüssig sind die abschließenden Character Pods, in denen sich lediglich jeder Schauspieler nochmals kurz nach dem Motto "Ich heiße XY und spiele die Rolle des AB" vorstellt. Das hätte man so auch direkt in die Interviews integrieren können. Die vorherigen Beiträge liefern aber dennoch genug Informationen, sodass Interessierte Zuschauer hier voll auf ihre Kosten kommen. (jp)
Fazit
Die Fortsetzung der Abenteuer um die beiden Lokomotiv-Führer Jim und Lukas wurde wieder mit viel Liebe zum Detail umgesetzt. Hier werden sicherlich wieder alle Fans zufrieden gestellt werden, zumal alle Lieblingsfiguren wieder mit an Bord sind und durch die hervorragend von Rick Kavanian gespielten Piraten auch noch tatkräftige Unterstützung erhalten. Die deutsche Produktion liefert erneut abendfüllenden Spaß für die ganze Familie, welche sich inhaltlich wie technisch nicht vor großen Hollywood-Blockbustern verstecken muss. Ganz im Gegenteil, denn auch optisch und akustisch macht der Film eine erstklassige Figur, die durch ein detailliertes und scharfes Bild, sowie einen modernen 3D-Sound im Dolby Atmos-Gewand punkten kann. Und das nicht zu knapp, denn fast überall liegt man auf Referenz-Niveau und bietet lediglich in der Anzahl der 3D-Sounds ein wenig Anlass zur Kritik. Aber wirklich nur ein wenig, denn was man hier abliefert ist immer noch mehr, als so mancher Beitrag aus der amerikanischen Film-Metropole. Im umfangreichen Bonus-Material findet man dann noch genügend Gründe, nach dem Abspann noch nicht abzuschalten und etwas weiter im schönen Lummerland zu verweilen. (jp)
(Jörn Pomplitz / Michael Speier)
(weitere Reviews anzeigen)
Kaufempfehlung
Testgeräte
TV: LG OLED 55B7D
Player: Oppo UDP-203
AVR: Yamaha RX-A1080
Front-Lautsprecher: Canton Vento 890.2
Center-Lautsprecher: Canton Vento 866
Surround-Lautsprecher: Canton Chrono 507
Atmos-Lautsprecher: Canton InCeiling 989
Subwoofer: SVS SB-2000 Pro