1942. Gilles, ein junger Belgier, wird zusammen mit anderen Juden von der SS verhaftet und in ein Lager nach Deutschland gebracht. Er entgeht der Exekution, indem er schwört, kein Jude, sondern Perser zu sein – eine Lüge, die ihn zunächst rettet. Doch dann wird Gilles mit einer unmöglichen Mission beauftragt: Er soll Farsi unterrichten. Offizier Koch, Leiter der Lagerküche, träumt nämlich davon, nach Kriegsende ein Restaurant im Iran zu eröffnen. Wort für Wort muss Gilles eine Sprache erfinden, die er nicht beherrscht. Als in der besonderen Beziehung zwischen den beiden Männern Eifersucht und Misstrauen aufkommen, wird Gilles schmerzhaft bewusst, dass ihn jeder Fehltritt auffliegen lassen könnte. (Quelle: Alamonde Film)

Vorweg „Persischstunden“ wirkt wie eine wahre Begebenheit. Um die Zweifel aus dem Weg zu räumen, denen ich selber erlag, die Story ist reine Fiktion und basiert auf dem Inhalt der Erzählung „Erfindung einer Sprache“ von Wolfgang Kohlhaase. Im Zuge der Oscarverleihung 2021 wurde er zudem von Weißrussland als bester internationaler Film eingereicht. Regisseur Vadim Perelman hingehen ist ein Ukrainisch-US-amerikanischer Filmemacher, der bereits 2003 mit seinem Debüt „Haus aus Sand und Nebel“ sowie 2007 mit „Das Leben vor meinen Augen“ zwei Literaturverfilmungen gedreht hat. Für seinen neusten Film konnte er für die Hauptrolle Nahuel Pérez Biscayart gewinnen, der selbst ein echtes Sprachtalent ist, was hervorragend zum Stoff passt. Er selbst hat sich Deutsch nur für die Dreharbeiten beigebracht, in vorherigen Produktionen wie „120 BPM“ lernte er Französisch, außerdem spricht der gebürtig aus Argentinien stammen Schauspieler auch englisch. Sowohl er, als auch Lars Eidinger musste für „Persischstunden“ ebenfalls eine völlig neue Sprache lernen, die nicht existiert und eigens für den Film entwickelt wurde. So wurde laut Perelman ein Linguist beauftragt, der eben jede Wörter und grammatikalische Regeln für die Fantasiesprache aufstellen, die vom Klang her an persisch bzw. Farsi erinnern sollte.

Im Gegensatz zu vergleichbaren Filmen über den zweiten Weltkrieg beschäftigt sich „Persischstunden“ natürlich mit dem großen Ganzen, wirft aber auch einen Blick weg von den Kommandeuren oder den Herrschaftsführern und zeigt auch, wie grausam die ganzen Soldaten und Mitläufer waren, die „nur Befehle befolgt“ haben. Außerdem ist die gesamte Handlung weitaus „privater“. Das meiste spielt sich in einem Gefangenenlager ab, es geht hauptsächlich um Offizier Koch und Gilles, die schauspielerisch wirklich glänzen können. Die Spannung zwischen beiden, wird durch die Lüge die zwischen ihnen steht ständig aufrechterhalten. Gilles selbst muss es schließlich schaffen unter Druck und in Lebensgefahr eine neue Fantasiesprache zu erfinden. Lars Eidinger erzählte zu seiner Figur, dass er versucht hat sie nicht nur als „Monster“ darzustellen, sondern ihm auch eine menschliche Seite zu geben. Die ambivalente Beziehung, die sich zwischen Gilles und ihm aufbaut ist jedenfalls spannend anzusehen. Vor allem sei der tiefere Hintergrund nicht zu vergessen, dass Gilles die neue Sprache aus Listen von getöteten Juden entwickelt. Der Holocaust wird hier in seinem ganzen Schrecken nicht in Schockbildern erzählt (auch wenn diese durchaus vorhanden sind), sondern ist allgegenwärtig. Trotzdem finden auch Machtspielchen unter den führenden Offizieren einen Platz. „Persischstunden“ ist ein Kammerspiel, über ein fiktionales Einzelschicksal, dass für so viel mehr steht, als eine neu entwickelte Fantasiesprache.