Mit "Once Upon a Time in Hollywood" erscheint nun endlich Quentin Tarantinos neuntes Werk, welches knapp vier Jahre nach "The Hateful Eight" auf den deutschen Heimkinomarkt gebracht wird. Dabei wird der Film von Sony Pictures Home Entertainment nicht nur im Keep Case auf Blu-ray Disc und – zum ersten Mal bei einem Tarantino-Film – auch auf Ultra HD Blu-ray veröffentlicht, sondern sowohl in HD als auch in 4K als limitierte Steelbook-Edition. Auf Ultra HD Blu-ray übrigens exklusiv bei Amazon.de. Obendrein gibt es eine exklusive „Limited Collector's Edition“, die ebenfalls exklusiv über den Onlinehändler Amazon.de vermarktet wird. Was der Film allerdings zu bieten hat, und wie sich die Blu-ray Disc in technischer Hinsicht schlägt, klärt die nun folgende Rezension.
Story
Die Serie „Bounty Law“ machte Rick Dalton (L. DiCaprio) Ende der 1950´er Jahre zum Fernsehstar, doch seitdem die Show 1963 eingestellt wurde, gelang es ihm in den letzten sechs Jahren nicht sich als Kinostar zu etablieren. Beinah vergessen, tingelt er von einem kleinen Fernsehauftritt zum nächsten, die ihm sein Agent Marvin Shwarz (A. Pacino) zu organisieren imstande ist. Seine viel zu unausgefüllte Freizeit verbringt er mit seinem früheren Stunt-Double Cliff Booth (B. Pitt) in einem Rausch aus Sex und Drogen, während Stars wie Steve McQueen (D. Lewis) oder Bruce Lee (M. Moh) im Haus seiner Nachbarn Roman (R. Zawierucha) und Sharon (M. Robbie) ein- und ausgehen. Doch am Abend des 8. August 1969 soll sich all das ändern...
Als es hieß, dass Quentin Tarantinos nächster Film den Mord an Sharon Tate durch Mitglieder der Manson-Family thematisiert, war ich – gelinde gesagt – mehr als skeptisch. Tarantino ist ein begnadeter Filmemacher und seine Filme besitzen eine Coolness dies Ihresgleichen sucht, allerdings war genau DAS das Problem, denn dieses heikle weil wahre und ausgesprochen tragische Verbrechen, dass da im Jahr 1969 verübt wurde, sollte nicht Dreh- und Angelpunkt eines coolen, witzigen Films sein.
Die Gute Nachricht: Ist es auch nicht! Denn das, was Quentin Tarantino hier abgeliefert hat, ist nicht weniger als ein weiteres Meisterwerk des Erzählkinos, und zugleich zelebriert der Filmemacher hier die goldene Ära des Kinos und Fernsehens, und setzt damit ganz Hollywood, der Filmindustrie, und natürlich nicht zuletzt sich selbst ein filmisches Denkmal. Die Handlung bleibt dabei leider weitestgehend auf der Strecke, denn Tarntino verzettelt sich in Anekdoten, Anmerkungen, Hommagen und, wie nicht anders zu erwarten, belanglosen Dialogen, die gerade durch ihre Belanglosigkeit interessant und mitreißend sind – zumindest für Fans des Regisseurs. Eine durchgängige Handlung erzählt der Film dabei nicht, beziehungsweise ist diese so nebensächlich, dass man sie auch locker in einer halben Stunde hätte erzählen können.
Das hat freilich auch zur Folge dass sich all jene, die noch nie einen Film von Tarantino gesehen haben, fragen, was das Ganze überhaupt soll. Es werden Themen angerissen und nicht zu Ende gebracht, Figuren eingeführt die dann ebenso plötzlich wieder verschwinden, und Handlungselemente vorbereitet, die dann nicht gezeigt werden. Aber all das dient eigentlich nur dem einen Zweck: den Zuschauer an die goldene Ära des großen Hollywoods zurück zu erinnern, mit all dem Glamour, dem Ruhm, aber auch all den Schattenseiten.
Natürlich wird das Ganze von den kommenden Ereignissen überschattet, und wenn Charles Manson das erste (und einzige!) Mal kurz auftritt, denkt man: Jetzt geht’s los. Aber: Weit gefehlt. Auch die kurzen Ausflüge zur Spahn-Ranch, welche als Heim für die Manson Family dient, sind nur kurze Zwischenstationen, auch wenn man zugeben muss, dass hier die meiste Spannung entsteht, wenn Brad Pitt in seiner Rolle als Cliff Booth in bester „High Noon“ Manier seinen Standpunkt klarmacht.
Nun wartet die gesamte Zuschauerschar mehr oder weniger auf jenen verhängnisvollen Abend, an dem die Manson Family über Sharon Tate und ihre Gäste herfällt, und ja, dieser Abend kommt, und wird minutiös und mit einem Erzähler aus dem Of wiedergegeben, aber Quentin Tarantino wäre nicht Quentin Tarantino, wenn er seine Tour mit einem solchen Tiefschlag enden lassen würde. Was in jener Nacht passiert ist, können wir überall nachlesen (und es gibt leider sogar Fotos davon!), oder aber wir schauen uns Filme wie „Helter Skelter“ an, aber was hier passiert, wird an dieser Stelle nicht verraten. Wir sagen nur so viel: Das Finale ist blutig, brutal... und so cool, wie man es von einem Tarantino-Film erwarten darf, ohne dass es dabei peinlich oder pietätlos wirkt. Denn wir dürfen vor allen Dingen eines nicht aus den Augen lassen – Tarantino ist KEIN Chronist, er ist KEIN Dokumentarfilmer, sondern ein Geschichtenerzähler. Immerhin heißt der Film bereits „Once Upon A Time in Hollywood“, also „Es war einmal...“, und daher ist dieser Film eine absolute Empfehlung für jeden Cineasten, allerdings gehört ein gehöriges Maß an Filmwissen dazu, um diesen Film in seiner Gänze erfassen und genießen zu können. Wer das nicht besitzt, der erlebt einfach nur zweieinhalb Stunden voller Coolness, Spannung und Anekdoten, und weiß Gott – es gibt Schlimmeres!
Ein absolutes Highlight sind auch wieder einmal die Stars, die hier wahrlich zur Höchstform auflaufen. Allen voran Leonardo DiCaprio als abgehalfterter Serienstar und Brad Pitt als dessen Stuntman. Die beiden liefern eine Performance zum Niederknien ab, vor allen in den Szenen, in denen DiCaprio so herrlich gut schlecht spielt – Perfekt. Dazu gesellen sich Margot Robbie als wundervoll naive Sharon Tate, die hier die vermutlich beste Darstellung ihrer bisherigen Laufbahn abliefert. Aber Tarantino setzt obendrein auf ein ganzes Arsenal von bekannten und weniger bekannten Darstellern, die allesamt großartige Arbeit leisten. Seien es Bruce Dern als dementer Besitzer der Spahn-Ranch, Julia Butters als überprofessionelle Nachwuchsschauspielerin, Kurt Russel als Stuntkoordinator (NICHT Stuntman Mike, aber fast!), die erschreckend realistisch besetzten Mitglieder der Manson Family (unter anderem Dakota Fanning) oder aber Luke Perry in seiner letzten Filmrolle.
Kurz gesagt: Dieser Film ist mehr als die Summe seiner Dinge. Er ist eine Liebeserklärung an Hollywood, eine Verbeugung vor dem Filmgeschäft, eine Hommage an die goldenen Zeiten, oder – in zwei Worten zusammengefasst: Ein „Echter Tarantino“. Damit ist er sicherlich keine Massenware für Jedermann, aber für die, die es zu schätzen wissen, ist „Once Upon A Time In Hollywood“ ein Meisterwerk.
Kleine Anmerkung zum Schluss: Vor kurzem wurde der Film in den Kinos noch in einer um 10 Minuten längeren „Extended Version“ gezeigt. Bei den neuen Szenen handelt es sich lediglich um Werbespots die vor und Serienausschnitte die nach dem Film gezeigt wurden, während der eigentliche Film unangetastet geblieben ist. Die entsprechenden Szenen wurden in dieser Filmfassung NICHT eingefügt, sind aber im Bonusmaterial zu finden.
Bildqualität
Das glasklare Bild liegt im Ansichtsverhältnis von 2,39:1 vor und ist einfach nur phantastisch. Die Schärfe bewegt sich durchgängig auf einem Spitzenniveau und bildet in nahezu jeder Einstellung selbst kleinste Details messerscharf ab. Jedes Staubkorn auf der Kleidung, jedes graue Haar, jede Falte und jeder Bartstoppel ist hier mühelos zu erkennen. Besser kann man das Medium kaum ausnutzen. Dazu kommen satte, kräftige Farben, die den bunten 1960er-Jahre-Stil perfekt untermalen. Auch der Kontrast ist ideal eingestellt und lässt den Film zuweilen plastisch und dreidimensional aussehen. Hin und wieder bekommen wir Filmkorn zu sehen, allerdings handelt es sich hierbei um eingespielte Szenen aus fiktiven oder real existierenden Filmen und Serien, kurzen Werbeclips und ähnlichem, womit man in diesem Punkt durchaus von einem Stilmittel sprechen darf.
Tonqualität
Der Ton liegt in deutscher und englischer Sprache in dts-HD Master 5.1 (sowie zusätzlich in dts 5.1 in portugiesischer und italienischer Sprachfassung) mit optional zuschaltbaren Untertiteln auf der Disc vor. Während die Surroundeffekte, und davon gibt es nicht wenige, sowie die Musik richtig gut und frisch klingen, klingen die Dialoge der deutschen Fassung sehr dumpf, fast so, als hätte man Watte in den Ohren. Auf die englische Originalversion trifft dieses Manko nicht zu, während die Musik, die Soundeffekte und alles andere in beiden Versionen nahezu identisch klingen. Woran das liegt kann an dieser Stelle nicht gesagt werden, wohl aber, dass es sich bei dem uns übersandten Muster noch nicht um ein Finales Produkt handelt. Es ist also möglich (aber nicht sehr wahrscheinlich), dass in diesem Punkt bis zum Release noch etwas nachgebessert wird. Abgesehen von diesem Manko, dass im Endeffekt für einen Punktabzug sorgt, gibt es absolut nichts an der akustischen Präsentation auszusetzen. Die gelungene deutsche Synchronfassung entstand unter der Regie Christoph Cierpka nach einem Dialogbuch von ihm und Tobias Neumann bei der Berliner Synchron GmbH Wenzel Lüdecke. Während wir auf der Leinwand die bekannten Gesichter sehen dürfen wir uns in der deutschen Fassung über die dazugehörigen Stammsprecher Gerrit Schmidt-Foß, Tobias Meister, Anne Helm, Frank Glaubrecht, Manfred Lehmann, Xara Eich, Torben Liebrecht, Engelbert von Nordhausen und viele andere bekannte und talentierte Stimmen freuen.
Ausstattung
- 7 zusätzliche/erweiterte Szenen (25:01 Minuten)
- Quentin Tarantinos Liebesbrief an Hollywood (5:00 Minuten)
- Bob Richardson: Für die Liebe zum Film (4:34 Minuten)
- Werkstatt-Gespräch: Die Autos von 1969 (5:58 Minuten)
- Hollywood rekonstruieren: Das Produktionsdesign von Once Upon A Time In Hollywood (9:18 Minuten)
- Die Mode von 1969 (6:37 Minuten)
Im Bonusmaterial der Standard-Blu-ray Version finden wir eine Zusammenstellung aus zusätzlichen Szenen, die sich teilweise als Werbespots für berühmte Tarantino-Marken (wie etwa die „Red Apple“ Zigaretten) entpuppen. Darüber hinaus erfahren wir in 5 interessanten Kurzfeatures einiges über die Hintergründe der Produktion und Quentin Tarantinos Beweggründe. Die Kapitelauswahl berücksichtigt derweil auch die verwendeten Musikstücke, so dass man diese ebenfalls direkt anwählen kann und nicht lange in den jeweiligen Szenen herumsuchen muss. Ein Audiokommentar wäre hier wohl das i-Tüpfelchen gewesen, aber bislang hielt sich Meister Tarantino damit immer zurück, obwohl er doch eigentlich nichts lieber tut als über (seine) Filme zu reden.
Fazit
Das Bild der vorliegenden Blu-ray Disc ist referenzverdächtig und reizt die Möglichkeiten des Mediums voll und ganz aus. Besser geht’s nicht. Akustisch wird ebenfalls großes Kino geboten, allerdings klingen die deutschen Stimmen etwas dumpf, was dem Ganzen einen kleinen Dämpfer verpasst. Im Bonusmaterial bekommen wir einige interessante Informationen und ein paar zusätzliche Szenen – Nett.
Der Neunte Film von Quentin Tarantino feiert die Film- und Fernsehindustrie der goldenen 1960er und 70er Jahre und setzt dem gesamten Business ein filmisches Denkmal. Für den Otto-Normal-Gucker ist das Ganze vielleicht ein wenig langweilig, aber Tarantino-Fans und Cineasten werden sich an einem weiteren Meisterwerk erfreuen, das ein tolles „Was wäre Wenn“-Szenario kredenzt, und ein hochkarätiges Darstellerensemble in Hochform zeigt. Unbedingt ansehen!
(Michael Speier)
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