Filmbiografien, auch Biopics genannt, können für den geneigten Zuschauer manchmal eine Offenbarung sein. Schließlich erlauben diese oft tiefe Einblicke in die Lebensweisen interessanter Personen und auch die Frage, wie diese überhaupt bekannt wurden, ist immer wieder spannend. Natürlich sollte die Verfilmung einer Lebensgeschichte auch genügend Stoff für einen Spielfilm bieten und es damit schaffen, den Zuschauer zu fesseln. Ob das bei dem Film “Tolkien“ von Regisseur Dome Karukoski der Fall ist, soll die folgende Review zur Blu-ray von 20th Centurty Fox Home Entertainment beantworten. Wie üblich werden zusätzlich besonders die Qualität von Bild und Ton, sowie die Extras beleuchtet.
Story
„Tolkien“ erzählt von den prägenden Jugendjahren des visionären Autors, in denen er Freundschaft, Mut und Inspiration inmitten einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten an seiner Schule findet. Zusammen erleben sie Liebe und Verlust, von Tolkiens turbulenter Umwerbung seiner großen Liebe und Muse Edith Bratt, bis hin zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs, der die „Gefährten“ auseinander zu reißen droht. All diese Erfahrungen inspirieren Tolkien zu seinen weltbekannten Mittelerde-Romanen.
Eines vorweg: Wer sich erhofft, in diesem Film möglichst viele Anspielungen auf “Herr der Ringe“ oder “Der Hobbit“ zu sehen, wird eher enttäuscht sein. Die verschiedenen Inspirationen für J.R.R. Tolkiens Fantasy Werke werden meist eher vorsichtig angedeutet. Ein Beispiel dafür ist die enge Freundschaft, innerhalb einer kleinen Gruppe, die Tolkien besonders in seiner Kindheit pflegt. Diese erinnert zumindest entfernt an die “Reisegruppen“ aus den bekannten Tolkien Büchern: Eine kleine Gefolgschaft, welche sich gegenseitig die Treue schwört und allen Widrigkeiten trotzen möchte.
Deutlichere Hinweise auf Tolkiens Ideen zu seinen Büchern sind rar gesät, aber vereinzelt vorhanden. Ein Beispiel hierfür ist der erste Weltkrieg, den Tolkien in den Schützengräben miterlebt hat. In einer Szene wird seine Stellung mit Flammenwerfern angegriffen - Tolkien scheint den Verstand zu verlieren und sieht stattdessen einen großen Drachen, der Feuer über das Schlachtfeld speit. Das Niemandsland könnte dabei direkt aus Mittelerde stammen und ist optisch gut umgesetzt.
Der Titel erzählt das Leben von Tolkien liebevoll und neigt dazu, sich für Details Zeit zu lassen. Das führt aber leider auch dazu, dass der Film stellenweise Längen aufweist, was etwas Geduld abverlangt. Die schauspielerischen Leistungen sind dabei, ohne Ausnahmen, sehr gut. Nicholas Hoult verkörpert Tolkien zu jeder Zeit glaubhaft und nachvollziehbar. Seine Leidenschaft zur Linguistik und das Erschaffen einer eigenen Sprache werden besonders schön dargestellt. Übrigens weiß auch Harry Gilby als junger J.R.R. zu überzeugen. Die Darsteller für Tolkiens “Gefährten“ wurden ebenso passend gewählt, egal ob Jungdarsteller, oder später erwachsen. Dies gilt auch für seine große Liebe Edith Bratt, die von Lily Collins verkörpert wird.
Leider wirkt die Geschichte stellenweise, als würde ein gewisser Zusammenhang fehlen und manche Szenen können auch einen recht belanglosen Eindruck hinterlassen. Gerne hätte man auch noch Einblicke in das spätere Leben von Tolkien geben können, der immerhin 81 Jahre alt wurde. Hier endet die Geschichte leider mit den ersten Zeilen von “Der Hobbit“. Je nach Erwartungshaltung, kann diese Filmbiografie aber dennoch überzeugen und ist handwerklich als durchaus solide zu beurteilen.
Bildqualität
Das Bild liegt im 2,39:1 Format vor und wurde mit digitalen Kameras gedreht, was Freunde einer sauberen und hochglanzähnlichen Darstellung freuen wird. Dass dies für ein Biopic, welches unter anderem um die Zeit des ersten Weltkriegs spielt, ungewöhnlich ist, sei dahingestellt und ist sicher Geschmackssache. Das Bild ist in den meisten Szenen knackscharf und frei von jedem Rauschen. Lediglich einzelne Einstellungen können besonders im Freien manchmal etwas weicher wirken, jedoch ist die Detailfülle meistens atemberaubend. Auch der Kontrast und die kräftigen, wenn auch eher erdigen, Farben sind jederzeit auf höchstem Niveau und geben keinen Anlass zur Kritik. Dabei bleibt das Bild zu jeder Zeit ohne jegliche Fehler wie Artefakte oder Doppelkonturen und auch der satte Schwarzwert sei hier kurz erwähnt. Das ergibt ein ausgezeichnetes Gesamtbild, sofern man sich mit dem digitalen Look ohne Filmkorn anfreunden kann.
Tonqualität
Man sollte ja meinen, dass die komprimierten Tonformate aus den Zeiten der DVD im Jahr 2019 langsam der Vergangenheit angehören. Leider wird bei deutschen Tonspuren immer wieder das Gegenteil bewiesen, so auch hier mit verlustbehaftetem DTS 5.1 Sound. Da der Film allerdings von den Dialogen lebt, kann man das dann dennoch verschmerzen. Diese sind jederzeit klar, sehr gut verständlich und im Vordergrund. Wenn dann zeitweise das Schlachtgeschehen im ersten Weltkrieg tobt, zeigt sich, dass mehr im Sound steckt, als man ihm anfangs zutrauen würde. Hier kommen dann auch Tiefbass und direktionale Effekte, besonders durch Artilleriebeschuss, nicht zu kurz. Auch abgesehen davon zeigt sich ein stimmiges Klangbild, bei dem die Surround Lautsprecher auch in leisen Szenen gekonnt mit eingebunden werden. Ein tolles Beispiel hierfür sind etwa Schritte in einer Bibliothek.
Wer ohnehin die originale, englische Tonspur bevorzugt ist (wie so oft) im Vorteil. Hier gibt es hochaufgelösten und verlustfreien DTS HD-Master Audio Sound, ebenso in 5.1 Kanälen. Besonders der Subwoofer wird in den Kriegsszenen noch deutlich tiefer und feiner beansprucht. Auch die Frequenzen darüber erscheinen nochmal besser aufgelöst und abgemischt, was nochmal zu einem gelungenen Heimkinoerlebnis beitragen kann. Aufgrund seiner allgemein ruhigen Machart fällt der hörbare Unterschied zur deutschen Tonspur aber gering aus und beschränkt sich auf eher wenige Szenen.
Fazit
Der Film ist bestimmt nicht uneingeschränkt zu empfehlen. Richtige Tolkien oder Mittelerde Fans sollten den Einblick in das Leben des Autors jedenfalls nicht verpassen, sofern die Blu-ray nicht bereits längst (neben den unzähligen DVD und Blu-ray Versionen von „Herr der Ringe“ und „Der Hobbit“) im Regal steht. Leider könnten aber gerade diese enttäuscht sein, da auf die tatsächliche Entstehung der Bücher im Grunde gar nicht eingegangen wird und lediglich die Vorgeschichte von John Ronald Reuel Tolkien erzählt wird. Dabei hat dieser auch stellenweise mit Längen zu kämpfen, wenn man sich z.B. schon mal fragt, welche Bedeutung eine Szene eigentlich gerade hat. Trotzdem ist das Drumherum recht stimmig und gekonnt umgesetzt, was den Film dann doch von der Mittelmäßigkeit hervorhebt. Technisch gibt es an der Blu-ray nichts groß zu bemängeln, auch wenn eine deutsche HD Tonspur heutzutage langsam selbstverständlich sein müsste.
(Bastian Guggenberger)
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