Irgendwie haben Musikfilme eine kleine Renaissance bekommen. "Greatest Showman", "Bohemian Rapsody" oder auch "Rocketman" basieren auf realen Personen und verpacken ihre Stoffe in ein Biopic mit ausschweifenden Einlagen bekannter Songs. Nachdem also u.a. Queen und Elton John ihre Filme bekommen haben, sollen auch die „Beatles“ nicht leer ausgehen. Mit „Yesterday“ geht man aber einen anderen Weg, eine gute oder schlechte Entscheidung?
Story
Jack Malik (Himesh Patel) ist ein gescheiterter Singer-Songwriter. Nur seine Jugendfreundin Ellie (Lily James) glaubt unerschütterlich an ihn. Seinen Traum vom großen Durchbruch hat Jack längst begraben. Doch das war gestern! Während eines mysteriösen weltweiten Stromausfalls wird er von einem Bus angefahren - und als er wieder zu Bewusstsein kommt, ist er der einzige Mensch, der sich an die Beatles erinnert! Mit den Songs der berühmtesten Band der Welt verzaubert Jack schnell sein ahnungsloses Publikum und wird über Nacht zum Superstar. Aber was nützt ihm all der Ruhm, wenn das, was er liebt, zurückbleibt?
Ja, „Yesterday“ erzählt nicht über die Beatles oder von den Beatles, weder die Geschichte noch die einzelnen Personen werden irgendwie auserzählt. Stattdessen stellt man mit Jack eine eigene Figur in den Mittelpunkt, die seinen Platz in der Musikwelt sucht und trotz seines Talentes nur auf kleinen Festivals spielt. Irgendwie steckt er fest und verliert den Glauben an sich, bis er den titelgebenden Song „Yesterday“ spielt. Nach einem Stromausfall erinnert sich nämlich niemand an die Beatles und so starten die Songs nun durch ihn und somit durch fremde Hand ihren Siegeszug an und Jack wird innerhalb der Geschichte schnell zum gefeierten Superstar.
Witzig erweise überzeugt dabei nicht nur der Newcomer Himesh Patel in seiner Rolle, sondern auch Ed Sheeran, der sich selbst und eine Art Musik zu machen ganz schön auf die Schippe nimmt. Es macht immer Spaß, wenn Prominente über sich selbst lachen und sich selbst aufs Korn nehmen können und seine auf die Spitze getriebene kleine Rolle als arroganter und selbsternannter Musik-Gott funktioniert erstaunlich gut. Neben Jack ist natürlich Elle die von Lily James gespielt wird wichtig, denn ihre Beziehung nimmt neben der „From Zero to Hero“-Geschichte am meisten Raum ein. So muss man für Beatles-Fans leider gestehen, der Film hätte auch mit jeder anderen erfolgreichen Band funktioniert.
Er ist somit kein Vergleich zu „Bohemian Rapsody“ oder dem noch stärkeren „Rocketman“ und ist im Vergleich nur noch eine kleine, nette, süße dafür aber auch witzige Rom-Com. Wenn man seine Erwartungen etwas herunterschraubt, funktioniert der Film in diesem Bereich aber erstaunlich gut. Auch wenn viel in die Klischee- und Kitschkiste gegriffen wird, stört das den Erzählfluss überhaupt nicht, auch wenn die typischen Konflikte vermutlich einfacher gelöst werden könnten als die Filmcharaktere es tun. Dafür hat das Drehbuch von Richard Curtis der auch „Alles eine Frage der Zeit“ oder „Tatsächlich… Liebe“ verfasste ein zu gutes Händchen für dieses Genre.
Danny Boyle beherrscht ebenso sein Handwerk bei seiner Inszenierung, denn das Pacing ist ziemlich hoch und es kommt keine Langeweile auf. Der angesprochene Humor, der glücklicherweise ohne typisch amerikanischen Fäkalhumor auskommt, ist gelungen und sorgt für einige Lacher. Besonders die Szene in der Jack zum ersten Mal seinen Eltern einen der womöglich größten Welthits der „Beatles“ auf dem Klavier vorspielen will ist brüllend komisch. Die von Kate McKinnon verkörperte skrupellose und auf Erfolg ausgerichtete Agentin ist natürlich vor allem dafür zuständig die Hauptfigur vor moralische Entscheidungen zu stellen, ansonsten aber eine ziemliche Karikatur.
Am Ende des Tages verzeiht man „Yesterday“ dank seines charismatischen Ensembles und vielen kleinen tollen Ideen aber diese Schwächen, da er durchgehend unterhalten kann. Man muss eben akzeptieren, dass Yesterday kein klassisches Biopic ist oder uns mehr über die Musik von den Beatles lehrt. Trotzdem bekommen die größten Hits der Band ihren Auftritt, selbst Gaststart wie Ed Sheeran funktionieren innerhalb des Ensembles erstaunlich gut und statt den Beatles stehen die Entwicklungen und Probleme der Filmfiguren im Vordergrund.
Bildqualität
Das Bild ist typisch für eine zeitgemäße High-End-Blu-ray mit angenehm natürlichen und scharfen Texturen ausgestattet. Die Details sind ein echter Hingucker, sowohl bei Nah- als auch Weitwinkelaufnahmen. Die Farben haben einen recht hohen, aber passend zur Stimmung gewählten Kontrast. Die Hauttöne sind akkurat und die Schwarzwerte sind schön und tief. Das Bild ist frei von Kodierungsfehlern. Ein wirklich makelloses Ergebnis, das vor allem in den Innenszenen natürlich mit viel Studiolicht punkten kann. Womöglich könnte die 4K-Version hier die Höchstwertung erreichen.
Tonqualität
Wunderbar, ein Musikfilm mit zwei Dolby Atmos Spuren, sowohl auf Deutsch als auch im englischen Original bekommt ihr die höchstmögliche Qualität geboten. Schönes feines Sounddesign, perfekt eingesetzter und differenzierter Soundtrack und ein mal dezenter und mal prägnanter Subwoofer. Zudem gibt es ein schönes „Rundum-Sound-Erlebnis“, welches sich aber natürlich auf die Dialoge und die Musik fokussiert. Die Synchronfassung ist sauber aufgenommen und abgemischt und die Sprecher sind passend besetzt.
Ausstattung
Die Blu-Ray ist vollgepackt mit Extras, die sich wirklich lohnen angesehen zu werden. Besonders spannend sind das alternative Ende und auch die (vielen) unveröffentlichten Szenen. Auch über Ed Sheeran oder Kate McKinnon sind Featurettes an Bord und ein „Gag-Reel“ macht ohnehin immer Spaß, da ist auch Yesterday keine Ausnahme.
Fazit
„Yesterday“ überzeugt zunächst mit einem frischen Ansatz, driftet ab der zweiten Hälfte dann allerdings in eine klassische Rom-Com ab, die das Herz dennoch am rechten Fleck hat und dank des Figurenensembles trotzdem sehr gut funktioniert. Beatles-Fans werden über diese Entscheidung vermutlich enttäuscht sein, dennoch gibt es genug der Band auf die Ohren, nur eben nicht von Ihnen selbst.
(Tom Sielemann)
(weitere Reviews anzeigen)
Kaufempfehlung
Testgeräte
Samsung 65“ – UE65RU7099UXZG – 4K
Teufel e300 Digital Anlage (5.1 Dolby Surround)
Playstation 4 Pro