Es ist erstaunlich und erfreulich zugleich, welche Schmuckstücke Anolis Entertainment für seine Galerie des Grauens-Reihe aus dem schier unerschöpflichen Fundus klassischer Horror- und Science-Fiction-Filme ausgräbt. Bei Der 27. Tag handelt es sich um einen weiteren, weitestgehend unbekannten Titel, der seinerzeit unter dem Vorwurf der Invasions-Paranoia zu leiden hatte und bisher auf keiner Art von Datenträger, nicht einmal auf VHS, veröffentlicht wurde. Nun erscheint der Film als neunter Titel der Rache der Galerie des Grauens gleich in einem Blu-ray/DVD-Kombi-Pack. Was der Film und die technische Seite der im Set enthaltenen Blu-ray Disc zu bieten haben, klärt die nun folgende Rezension.
Story
Aus heiterem Himmel werden fünf zufällig ausgewählte Personen aus aller Herren Länder von einem Außerirdischen mit einer ultimativen Waffe ausgestattet, die es den einzelnen Personen ermöglicht einen großen Teil der Menschheit nur mittels ihrer Gedanken zu vernichten. Das Ziel des Außerirdischen ist es, die Menschen vor die Möglichkeit zu stellen, entweder Frieden zu halten oder sich selbst zu zerstören, da der Planet der Außerirdischen vor dem Untergang steht, die außerirdische Ethik aber die Auslöschung einer denkenden Spezies verbietet. Stirbt ein Besitzer der Waffe, so wird diese unwirksam. Das Gleiche geschieht nach dem Ablauf von 27 Tagen. Darüber hinaus können die jeweiligen Waffen ausschließlich von den ausgewählten Personen aktiviert werden, deren Namen gibt der Außerirdische der gesamten Menschheit bekannt, und schon bald beginnt eine Hetzjagd auf die Auserwählten. Im Handumdrehen greift die Angst vor der Skrupellosigkeit der jeweils anderen Parteien um sich…
Der Film basiert auf einem Drehbuch von John Mantley, der hier seinen gleichnamigen Roman zu einem Film umschrieb, welcher von Regisseur William Asher inszeniert wurde. Auch wenn das reißerische Cover und die verheißungsvollen Werbetexte etwas anderes vermuten lassen, handelt es sich bei Der 27. Tag nicht um einen actiongeladenen Invasions-Film, sondern um ein clever strukturiertes und gut durchdachtes Sci-Fi-Drama, das mehr an Der Tag, an dem die Erde still stand als an Krieg der Welten erinnert.
Die einzelnen Helden der Geschichte handeln ganz unterschiedlich und jeder für sich nachvollziehbar und vor allem menschlich, so dass für jeden Zuschauer eine Identifikationsfigur vorhanden sein dürfte. Während die britische Hausfrau (Eve Wingate) ihre Waffe gleich ins Meer wirft und somit dem Zugriff entzieht, begeht die Asiatin (Marie Tsien) Selbstmord und macht ihre Waffe damit ebenfalls Unbrauchbar. Der amerikanische Reporter (Gene Barry) versteckt sich, der russische Soldat (Azenath Janti) wird von den Streitkräften gefangen genommen und gefoltert und der deutsche Professor (Frederick Ledebur) versucht hinter das Geheimnis der Waffe zu kommen, die gleichzeitig Glück als auch Verderben bringen kann.
Das Beste an dem Film ist allerdings die atemlose Spannung, mit der er erzählt wird, denn auch wenn in Punkto Action nicht viel geboten wird, ist der Film von der ersten bis zu letzten Minute packend und spannend. Nur der Paranoia-Vorwurf kann von meiner Seite aus nicht bestätigt werden, denn immerhin wehrt sich selbst der kommunistische „Klassenfeind“ aus Russland gegen seine Obrigkeit und versucht damit, den Krieg – oder besser die Auslöschung der Menschheit – zu verhindern, womit ganz klar ein Mit- und kein Gegeneinander propagiert wird. Interessant ist hingegen der Schluss, der ein wenig unerwartet und vor allem sehr unamerikanisch ausfällt und den deutschen Professor zum Retter macht. All das macht Der 27. Tag zu einem echten Genrehighlight, welches sich unbedingt zu entdecken lohnt, vor allem auch deshalb, weil die erzählte Geschichte und deren Botschaft heute genauso aktuell ist wie damals – wenn nicht sogar noch ein wenig mehr.
Bildqualität
Das leicht körnige Schwarzweißbild liegt im Ansichtsverhältnis von 1.79:1 vor und darf wohlwollend als „bestmögliches Ergebnis in Anbetracht der Umstände“ betrachtet werden, auch wenn der objektive Gesamteindruck nicht ganz optimal ausfällt. Die Schärfe bewegt sich zwar überwiegend auf einem guten Niveau und bildet in Nahaufnahmen auch kleinere Details ab, allerdings ist das Bild im Allgemeinen etwas zu unscharf und stellenweise sogar ein wenig schwammig. Das Kontrastverhältnis geht in Ordnung und stuft die einzelnen Grauschattierungen gut ab, allerdings flackert das Bild häufig und dunkle Flächen „pumpen“ teilweise sogar extrem. Altersbedingte Mängel wurden größtenteils entfernt und es machen sich nur vereinzelt Verunreinigungen und Beschädigungen bemerkbar. Szenenweise schaut das Bild jedoch arg mitgenommen aus, wobei es sich bei besagten Szenen mutmaßlich um minderqualitatives Archivmaterial handeln dürfte. Andererseits macht gerade diese etwas durchwachsene Qualität einen gewissen Reiz bei derartigen Filmen aus und, wie eingangs bereits erwähnt, war aus dem ursprünglichen Material vermutlich nicht viel mehr herauszuholen gewesen.
Tonqualität
Sowohl der Originalton als auch die deutsche Synchronfassung liegen im Format DTS-HD Master Audio 2.0 in Mono vor und erfüllen ihre Zwecke – mehr nicht. Die Dialogverständlichkeit ist gut, allerdings klingt der deutsche Ton mitunter etwas angestaubt. Die Hintergrundgeräusche und der tolle Soundtrack kommen gut zur Geltung, die Dialogspur ist aber dennoch deutlich dominanter. Die deutsche Synchronfassung entstand bei der Riva Film in München und bringt mit John Pauls-Harding, Anton Reimer, Wolf Ackva, Heinz Engelmann, Klaus W. Krause, Wolfgang Büttner und Ernst Konstantin viele bekannte Sprecher aus der damaligen Zeit mit. Allerdings ist in diesem Fall ganz klar die englische Originaltonspur vorzuziehen. Zum einen, weil sie etwas differenzierter und dynamischer klingt und zum anderen, weil die unterschiedlichen Sprachen der verschiedenen Nationalitäten hier wesentlich besser zur Geltung kommen und dem Film eine größere Authentizität verleihen.
Ausstattung
Wie bei beinahe jeder Klassiker-Veröffentlichung aus dem Hause Anolis ist auch bei diesem Titel wieder ein ganzer Sack voll informativem Bonusmaterial enthalten, der für sich genommen bereits die Anschaffung rechtfertigt. Den Anfang machen gleich zwei Audiokommentare in deutscher Sprache: Einmal mit dem „üblichen Verdächtigen“ Dr. Rolf Giesen, der gemeinsam mit Volker Kronz über den Film und dessen Wirkung berichtet, dabei immer wieder abschweift und den Kommentar somit zu einer interessanten Lehrstunde über den klassischen Science Fiction Film macht. Im zweiten Kommentar kommen Bodo Traber und Ingo Strecker zu Wort, die ihrerseits auf den Film fokussiert sind und Dinge anmerken, die man beim oberflächlichen Ansehen vielleicht übersehen würde. Weitere Informationen finden sich im 12-seitigen Booklet, das ebenfalls mit Texten von Ingo Strecker gefüllt wurde. Des Weiteren sind noch die ursprüngliche deutsche Kinofassung des Titels, zahlreiches Werbematerial und eine Bildergalerie enthalten.
Fazit
Bild und Ton können weder das Alter noch das geringe Budget dieser Sci-Fi-Perle verheimlichen. Das Bild ist über weite Strecken gut, allerdings haben wir schon zahlreiche ältere Titel in besserer Qualität gesehen. Auch der Ton ist eher zweckmäßig, aber durchaus brauchbar. Ein Highlight hingegen ist, wie bei fast jeder Veröffentlichung von Anolis, das umfangreiche und höchst informative Bonusmaterial, welches den Film gehörig aufwertet.
Nötig hat der Film diese Aufwertung indessen nicht, denn auch wenn er weitestgehend unbekannt ist, ist er inhaltlich wie inszenatorisch eine echte Meisterleistung, die heute aktueller ist als je zuvor. Und ganz nebenbei: Die Propaganda-Vorwürfe sind vollends übertrieben und falsch! Eine echte Empfehlung für Sci-Fi-Fans, die es sich zu entdecken lohnt. Unbedingt ansehen!
(Michael Speier)
(weitere Reviews anzeigen)
Kaufempfehlung
Testgeräte
Philips 55PUS8601/12
Panasonic TX-L47ETW60
Denon dbt-3313ud
Sony BDV-N9200WB
Teufel Theater 500 THX 7.1 mit 4 Dipol Speakern