Bei Jugend ohne Gott handelt es sich um eine Neuverfilmung des dritten Romans des österreich-ungarischen Schriftstellers Ödön von Horváth, das bereits im Jahr 1937 erschienen ist und sich seither einer großen Beliebtheit erfreut. Nachdem der Stoff bereits in der Vergangenheit viermal für die Leinwand adaptiert wurde, hat sich nun in der Neuzeit der Schweizer Alain Gsponer (Lila, lila) der Vorlage angenommen und diese neu verfilmt. Der Titel erscheint nun über Constantin auch auf Blu-ray.
Story
In naher Zukunft kommt es in der Gesellschaft nur noch auf Leistung und Effizienz an. Menschliche Werte spielen hingegen keine Rolle mehr. In eben dieser Welt bricht der Einzelgänger Zach (J. Niewöhner) gegen seinen Willen zu einem Hochleistungscamp auf. Dort soll er zusammen mit den anderen Schülern seiner Abschlussklasse für die Rowald-Universität vorbereitet werden. Die ambitionierte Nadesh (A. von Rittberg) ist fasziniert von Zach und seinen eigenen Einstellungen zum Leben. Er wiederum zeigt aber nur Interesse an der geheimnisvollen Ewa (E. Schüle), die sich illegal in einem Waldstück in der Nähe durchschlägt. Als plötzlich Zachs Tagebuch verschwindet und ein Mord geschieht, bricht Chaos aus...
Tatsächlich orientiert sich die neue Leinwandadaption nur grob an der Romanvorlage Jugend ohne Gott. Während im Buch die Konfrontation der alten christlich-humanistisch geprägten Ordnung und der neuen nationalsozialistisch geprägten Ordnung thematisiert und der Lehrer zweifelsfrei als Protagonist der Geschichte erkannt wird, hat Gsponer in diesem Fall nicht wenige Anpassungen vorgenommen. Anstelle des nationalsozialistisch geprägten Faschismus dominiert in seiner Interpretation die immer dominanter auftretende Gewinner-Verlierer-Gesellschaft, in der sich alle in einem harten Konkurrenzkampf befinden und in der humanistische Werte keine Relevanz mehr haben. Aus dem Grund interpretiert der Regisseur selbst den Film eher als ‚Jugend ohne Werte‘, was auch tatsächlich gut im Film dargestellt wird.
Allerdings bereitet die unkonventionelle Erzählweise doch leichte Probleme, denn auch wenn man stets klar der Handlung folgen kann, büßt der Film dadurch an Spannung ein. Wie bereits vorhin erwähnt war in der Originalgeschichte der Lehrer klar als Protagonist auszumachen, was auch der Dualität zwischen den neuen und alten Werten sehr zugute kam, da der Konflikt zwischen ihm und dem Rest dadurch sehr gut deutlich wurde. Das vermisse ich bei Gsponers Interpretation doch etwas, denn dadurch, dass er den Film aus vier verschiedenen Perspektiven erzählt, raubt das der Handlung doch emotionale Spannung und Sozialkritik. Die Ausrede, dass er die Jugendlichen mehr in die Geschichte integrieren wollte, zählt für mich da nicht wirklich, denn wie soll sich die Zielgruppe selbstkritisch hinterfragen, wenn die Moral, der durch die deutliche Dualität entsteht dadurch geschwächt wird, dass die Personifizierung der humanistischen Werte – also der Lehrer - nicht durchweg präsent ist, ja sogar eher eine Nebenrolle einnimmt und die Dualität dadurch eben nicht so stark betont wird, wie es eigentlich erforderlich wäre? Dazu büßt der Film zusätzlich in Punkto Tiefgang aufgrund der Tatsache ein, dass Gsponers die Anonymisierung aus der Romanvorlage verworfen hat (die Namen sind dort überwiegend lediglich einzelne Buchstaben wie N, Z oder T), was allerdings mittlerweile gerade wegen des stetig steigenden Mangel an Individualismus und Empathie erst recht sehr aktuell ist.
Dennoch ist Jugend ohne Gott alles andere als ein schlechter Film, im Gegenteil, denn die Macher hinter der neuen Verfilmung haben dafür sich ein anderes Ziel gesteckt, da hier die verlogene egozentrische Gesellschaft mehr in den Fokus gerät. Zwar bedient man sich dabei stellenweise recht plumper Mittel (wie etwa die Darstellung der Illegalen), aber es wird doch deutlich, dass das verkrampfte Konkurrenzdenken, die verschobenen und weltfremden Werte, in der man als Mensch in allen Bereichen perfekt sein muss, einfach nur falsch ist und spätestens da wird – hoffentlich – dem Zuschauer der Spiegel vorgehoben und verdeutlicht „Ist das wirklich alles wichtig oder ist es nicht wichtiger, dass man sich auf das fokussiert, in dem man gut ist und sich in der Gemeinschaft stark zeigt?“. Da kann man froh sein, dass mit der Figur des Zach ein moralischer Anker erhalten geblieben ist, der das auch immer mal wieder direkt im Film hinterfragt. Bravo!
Dazu kommt ein toll zusammengestellter Cast bestehend aus Jannis Niewöhner (Ein Tick anders, die Edelsteintrilogie, u.a. Rubinrot), Alicia von Rittberg (Und alle haben geschwiegen, Verräter wie wir), Emilia Schüle (Unsere Zeit ist jetzt, Vaterfreuden), Anna Maria Mühe (Mein Blind Date mit dem Leben), Fahri Yardim (Almanya – Willkommen in Deutschland), Jannik Schümann (Die Mitte der Welt) oder Iris Berben (Anleitung zum Unglücklichsein), die ihre Rollen sehr gut spielen, auch wenn es hier und da etwas an tieferer Charakterzeichnung mangelt.
Bildqualität
Das Bild hinterlässt einen positiven Gesamteindruck und beeindruckt vor allem durch eine sehr gute Schärfe, die nur selten Beeinträchtigungen zeigt. Die Detailzeichnung ist in diesem Zusammenhang ebenfalls sehr hoch. Die Farben erscheinen sehr trist, was das dystopische, künftige Weltbild sehr gut unterstreicht und für ein derartiges Sujet auch gerne als Stilmittel eingesetzt wird. Dennoch bleibt die Koloration dessen ungeachtet natürlich. Die Kontrastwerte sind ausgewogen, bieten aber leider nicht konstant einen hohen Umfang. Der Schwarzwert bildet ein schönes Schwarz ab, könnte aber gerne stellenweise noch satter sein. Kompressionsspuren sind nicht aufgefallen.
Tonqualität
Der Ton liegt, wie bei Constantin Film so üblich, in DTS-HD High Resolution Audio vor. Löblicherweise gibt es noch eine Hörfilmfassung in Dolby Digital 2.0 sowie eine Untertitelspur für Hörgeschädigte. Der Ton hinterlässt ein stimmiges Bild. Der Film ist eher ruhig gehalten, so dass direktionale Surround Effekte nicht so oft im Mittelpunkt stehen, allerdings dennoch einen authentischen Eindruck hinterlassen, da bei Jugend ohne Gott die Dialoge klar dominieren. Diese sind dabei auch stets klar verständlich. Der Klang erscheint sehr natürlich, so dass unterm Strich ein guter Gesamteindruck vorliegt.
Ausstattung
- Die Story (ca. 3 Min.)
- Die Erzählstruktur (ca. 2 Min.)
- Das Camp (ca. 2 Min.)
- Die Gesellschaft der Zukunft (ca. 3 Min.)
- Neuverfilmung eines Romanklassikers (ca. 2 Min.)
- Interviews (ca. 29 Min.)
- Trailer (ca. 2 Min.)
Fazit
Bild und Ton stellen mehr als nur zufrieden, denn nicht nur, dass eine sehr gute Schärfe und stimmungsvolle Farben vorliegen, wird auch in akustischer Hinsicht kaum Grund zur Beanstandung geliefert. Lediglich die Extras hätten gerne bei einem wichtigen Thema wie diesem umfangreicher sein können.
Alain Gsponers Interpretation zu Jugend ohne Gott ist ein unterhaltsamer dystopischer Drama Thriller geworden, der allerdings viel Potential verschenkt und somit leider keine herausragende Leinwandadaption wird. Dennoch macht die Handlung deutlich, dass die Menschheit sich in eine gezwungene Erfolgsdruckgesellschaft bewegt, der es an Moral, Empathie und Solidarität mangelt, weswegen die Kernbotschaft dennoch gut deutlich gemacht wird.
(Sascha Hennenberger)
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Kaufempfehlung
Testgeräte
TV: Panasonic TX 55CWX704
Player: Sony BDP-S790
AV-Receiver: Denon AVR-1312
Lautsprecher: Front: Dali Zensor 5 & Dali Vocal / Rear: Dali Zensor 1