The Virgin Psychics Blu-ray

Yoshiro Kamogawa kann nachdem Onanieren plötzlich Gedanken lesen. Aber nicht nur er entwickelt ganz plötzlich übernatürliche Fähigkeiten: Sein Mitschüler Yosuke teleportiert sich nackt in die Umkleidekabine der Mädchen. Der Cafébesitzer Teru kann seine Sex-Zeitschrift durch die Luft schweben lassen und der Junge Naoya kann unter alle Hüllen blicken. Sie alle sind durch eine zufällige Fügung über Nacht zu Psychics geworden. Angeführt von Professor Asami, tritt nun eine kleine Gruppe gegen die perversen Einflüsse anderer Psychics an, um ihre Stadt vor dem erotischen Ausnahmezustand zu bewahren. Warum denn überhaupt „wieder einmal“? Der Kinofilm ist dabei die bereits dritte Adaption des Ausgangsmaterials von Kiminori Wakasugi, es gab bereits eine TV-Serie, ein Live-Action-TV-Special und nun eben auch die Umsetzung für die große Leinwand und die Einzige, die auch in Deutschland erschienen ist. Sion Sono war für alle verantwortlich. Für mich ist er nicht zuletzt mit dem vierstündigen Epos Love Exposureoder seinem Erotikthriller Guilty of Romance zu einem absoluten Ausnahmeregisseur geworden. Einige seiner Werke sind bisher leider nicht bei uns erschienen, ziemlich schade, er ist einer der wenigen, bei denen man das Gefühl hat, dass er seinen Stil einfach durchzieht. Mit seinem neusten Werk „Antiporno“ hat er zuletzt eine Kampfansage für den Feminismus in Japan gedreht. Mit einigen mehr oder wenigen unterschwelligen Botschaften rund um das sexualisierte Frauenbild im Land der aufgehenden Sonne. Die Überleitung zu Virgin Psychics fällt da natürlich leicht. Hier dreht sich alles nur um das Eine. Spätestens nach den ersten Minuten und einer ausufernden Masturbierszene, in welcher uns schonmal alle wichtigen weiblichen Protagonistinnen vorgestellt werden, kann man den Streifen einordnen. Denn Shōta Sometani in der Titelrolle zeigt uns hier alle Arten von Grimassen und Gesichtsausdrücken, die einem Jim Carrey Konkurrenz machen könnten. Zuletzt hat der Regisseur mit ihm das tiefgehende Drama „Himizu“ gedreht, bei dem er darstellerisch unfassbar viel gezeigt und sein Talent unter Beweis gestellt hat. Der Kontrast zu seiner Rolle als Yoshiro könnte also nicht größer sein. Doch nicht nur er, auch alle anderen Darsteller sind hoffnungslos überzeichnet und stellen das auch des Öfteren unter Beweis. Wer sich darauf nicht einlassen kann, sollte einen großen Bogen um den Streifen machen. Die Story selbst wirkt dabei leider manchmal etwas gehetzt und aufgrund der vielen, leider auch recht flachen, Charaktere fällt es schwer so richtig mit zu fiebern, auch wenn der Streifen natürlich alles andere als Spannungskino ist. Dafür entschädigt er aber mit so einigen wirklich „scharfen“ Bildern. Wenn beispielsweise die ganze Klasse in Unterwäsche zur Schule kommt und die Lehrerin sich ihren freizügigsten Badeanzug herausgesucht hat. Trotzdem ist das Gezeigte relativ handzahm und wird mit typischen „Anime-Soundeffekten“ untermalt wie das klassische „Brüstewackeln“. Ich habe mich tatsächlich gefragt ob nicht eine solche Umsetzung generell passender gewesen wäre. Alle Figuren sind jedenfalls ziemlich notgeil und erst als Yoshiro erkennt das er Gedanken lesen kann, versucht er ein Held zu sein und sich seinen stetig perversen Gedanken zu entledigen. Umso enttäuschender, dass seine Fähigkeiten und auch die der Anderen für den weiteren Verlauf der Handlung ziemlich nutzlos sind. Asami ist es dann, der eine kleine „Jungfrauen-Task-Force“ zusammenstellt, aus allen die in der Nacht sexuell erregt waren und somit diese erst erhalten haben. Erklärt wird dieses Phänomen im Übrigen nicht, aber muss es auch gar nicht. Unter Ihnen ist auch Eri, was natürlich hohe Wellen schlägt, denn Frauen masturbieren auch? Wie sollen diese „Vollidioten-X-Men“ denn nur irgendwas auf die Reihe kriegen? Vor allem unter der Leitung eines Typen der nur Augen für die Brüste seiner Mitstreiterin Frau Akiyama hat, die von der Schauspielerin, Ehefrau des Regisseurs und Erotikmodels Megumi Kagurazaka verkörpert wird. Als Antagonistin sehen wir eine angehende Lesbe, die alle Frauen mittels ihrer Fähigkeit unter ihre Kontrolle bringt, sie zu einer sexuellen Revolution bekehren will und FKK-Strände fordert. So spaßig wie der ganze Anfang des Filmes war, so schleppt er sich leider etwas ins Finale, von dem ich mir persönlich einfach mehr erwartet hätte. Der Versuch noch etwas Tiefgang in die ohnehin schon kaum vorhandene Story zu bringen ist leider auf ganzer Linie gescheitert. Lieber hätte ich mir erhofft, dass er die Verrücktheit und die Zelebration der Erotik auf komischer Ebene einfach durchgezogen hätte.

Das Bild ist solide und gerade in hellen Szenen profitiert es von der digitalen Aufzeichnung. Die Schärfe ist klasse und Details wie Wassertropfen oder nur kleinste Hautporen sind vor allem in Nahaufnahmen ein echter Hingucker. Die Farben hätte gerne etwas bunter und kontrastreicher sein können, in dunklen Szenen merkt man leider doch ein paar Kompressionsspuren. Bildfehler wie Flächenbildung oder Artefakte sind glücklicherweise nicht zu sehen. Referenzwerte erreicht es leider nicht.

Der Ton liegt auf Deutsch und im Original auf Japanisch in DTS-HD MA 5.1 vor und ist unbedingt auch in Letzterem zu schauen. Die Synchronisation passt leider nicht bei allen Figuren und vor allem bei den Nebencharakteren klingt sie amateurhaft. Die verrückte japanische Art und die Sprache sind im Original einfach auch witziger. Der Klangeindruck insgesamt ist in Ordnung, der Bass kommt bei den musikalischen Einlagen gut zur Geltung und der Ton ist immer klar verständlich.

Leider beinhaltet die Disc keine Extras, es liegt allerdings ein gefaltetes Poster bei.

Sion Sono gelingt mit The Virgin Psychics ein weiterer ziemlich abgefahrener Film, dem etwas mehr Mut gutgetan hätte. Insgesamt muss man leider feststellen, es ist einer seiner schwächeren Werke, doch dennoch ein völlig buntes, überzogenes Überraschungspaket voller skurriler Einfälle. Der typische Japano-Humor mit zahlreichen Slapstick-Einlagen ist ebenfalls am Start. Wer damit etwas anfangen kann, bekommt einen kurzweiligen, freizügigen Klamauk für zwischendurch. (Tom Sielemann) (weitere Reviews anzeigen)

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