In letzter Zeit war ganz schön Bewegung im Anime-Bereich rund um das Ghost in the Shell-Franchise. Nicht nur das die neue mehrteilige OVA-Serie Ghost in the Shell – Arise ihren Weg auf Blu-ray gefunden hat, diese wurde zusätzlich mit Pyrophoric Cult erweitert und auch der demnächst anstehende 'The New Movie' wird diese Reihe sicherlich sinnvoll erweitern. Die Zwischenzeit kann man sich aber auch noch mit der diesjährigen Realverfilmung von Regisseur Rupert Sanders verkürzen, der für seine Neuverfilmung des gleichnamigen Anime-Klassikers von Masamune Shirow aus dem Jahr 1995 nicht nur ein stattliches Budget von 110 Millionen US-Dollar zur Verfügung gestellt bekam sondern in dessen Hauptrolle als Major die attraktive und überaus passende Scarlett Johansson zu sehen ist. Ich habe den Film bereits im Kino gesehen und gehe hier nun auf dessen 3D-Blu-ray-Umsetzung ein.
Story
In naher Zukunft haben die Menschen begonnen, Teile ihrer Körper durch mechanische Bauteile zu ersetzen, um auf diese Weise neue, ungeahnte körperliche Fähigkeiten zu erhalten. Doch dann gelingt es einem bis dato unbekannten Hacker namens Kuze (M. Pitt), die Sicherheitsprotokolle verschiedener Menschen außer Kraft zu setzten und sie für diverse Verbrechen zu missbrauchen. Aus diesem Grund beauftragt die Polizei die Sondereinheit Sektion 9, angeführt durch den bereits komplett zum Cyborg mutierten Major (S. Johansson), welche für die Aufklärung der Cyber-Attacken sorgen soll. Begleitet von ihrem Partner und Vertrautem Batou (P. Asbæk) kommt sie dabei nicht nur einer polizeiinternen Intrige auf die Spur, sondern muss sich einem Gegner stellen, der in dieser Form gar nicht existieren dürfte und ihr gesamtes Weltbild auf den Kopf zu stellen droht...
Es ist schon toll was heutzutage alles möglich ist: Als Kind beziehungsweise Jugendlicher habe ich mir immer gewünscht, das einige meiner Zeichentrick/Anime-Lieblingsfilme, zu denen unter anderem 'Der Herr der Ringe' (1978), 'Feuer und Eis' (1983), 'Akira' (1988), 'Battle Angel Alita' (1991) und auch 'Ghost in the Shell' (1995) zählen, irgendwann als Realfilm umgesetzt werden. Mit 'Der Herr der Ringe' hat es ja bereits geklappt, an 'Fire and Ice', 'Akira' und 'Alita: Battle Angel' wird aktuell im Hintergrund gearbeitet – ganz großes Kino war es aber am 30. März diesen Jahres, als 'Ghost in the Shell' in den deutschen Lichtspielhäusern endlich zu sehen war. Zwar brachte es die Realverfilmung weltweit nur auf ein Gesamteinspielergebnis von knapp 170 Millionen US-Dollar, denen ein Produktionsbudget von 110 Millionen gegenüberstehen, als Flop – auch wenn dieser seitens der Produktionsstudios sicherlich so eingestuft wird, sollte man den Film jedoch nicht zählen. Man sollte nämlich berücksichtigen, dass der Film, der auf dem gleichnamigen Anime von Masamune Shirow aus dem Jahr 1995 basiert, zwar ein Kult-Klassiker des Cyberpunk-Genres ist, sich der Realfilm mit Scarlett Johansson in der Hauptrolle an diesem verständlicherweise aber auch nur schwer messen kann. Trotzdem gelingt ihm dies jedoch wirklich hervorragend, wenn auch der letzte Funke nicht so wirklich überspringen will, was jedoch hauptsächlich darauf zurückzuführen ist, weil vor allem die stimmige Titelmusik von Kenji Kawai im eigentlichen Film fehlt und erst beim Abspann zu hören ist.
Ansonsten gibt es zur Realverfilmung nur positives zu berichten: Regisseur Rupert Sanders, der den Stoff nach einer Drehbuchvorlage, an der insgesamt sechs verschiedene Autoren beteiligt waren, für die große Leinwand adaptierte, gelingt es tatsächlich, die futuristische Atmosphäre der Anime-Vorlage gekonnt einzufangen und diese mit beeindruckenden Bildern zu untermalen. Die Darstellung der Stadt in der fiktiven Zukunft mit ihren vielen elektronischen Werbetafeln, ihren speziellen Straßen und unzähligen Wolkenkratzern sieht überaus beeindruckend aus, was vor allem gleich die Szene zu Beginn des Films verdeutlicht, nämlich wenn der Major im futuristischen Japan zunächst über die Stadt blickt und anschließend ihren berühmten Skydive ausführt. Generell muss auch die Ausstattung des Films gelobt werden, denn nicht nur die Stadt und die im Film vorkommenden Cyborgs, wie beispielsweise auch die Geishas, sind wirklich hervorragend und mit viel Liebe zum Detail gestaltet worden, was darüber hinaus auch für die Räumlichkeiten von Hanka Robotics sowie einzelne Bereiche der Stadt gilt. Hier ist er vor allem der Hafenbezirk der nicht unerwähnt bleiben darf, da er fast 1:1 aussieht wie im Original des Anime-Streifens von 1995. Wenn dann auch noch der Major, die mit thermooptischer Camo als Tarnung dort Jagd auf einen Kriminellen macht und diesen herrlich überlegen verprügelt und durch die Lüfte wirbelt, dann ist das schon extrem cool und sieht zudem verdammt gut aus. Aber nicht nur Scarlett Johansson überzeugt als Major, auch der übrige Cast, welcher hauptsächlich aus Pilou Asbæk (Batou), Takeshi Kitano (Chief Aramaki) und deren Gegenspieler Michael Pitt (Kuze) besteht, kann sich sehen lassen. Einzig und allein etwas deplatziert wirkt hier Juliette Binoche (Dr. Ouélet), welche sich im Film um den Major bei Hanka Robotics kümmert und als eine Art Mutter fungiert.
Großartig umgesetzt wurde auch die Action im Film, an der man sich gar nicht satt sehen kann. Wenn hier meterhohe Sprünge ausgeführt werden, der Major während eines Feuergefechts an Wänden entlangrennt, Gegner mit Schlägen und Tritten heftig weggehauen werden und währenddessen geballert wird was das Zeug hält, dann kann man davon gar nicht genug bekommen. Freilich ist auch wieder der spinnenartige Kampfpanzer aus dem Anime mit eingebaut worden, gegen den sich der Major ebenfalls ein heftiges Gefecht liefert. Rein inhaltlich betrachtet gibt es zwar einige gravierende Abweichungen zum gleichnamigen Anime von Mastermind Masamune Shirow, diese sind aber keinesfalls negativ sondern sind sinnvoll gewählt. Dank dieser bietet Ghost in the Shell eine etwas andere Unterhaltung als man es vielleicht von einer Realverfilmung eines bekannten Stoffes erwarten würde, nichtsdestotrotz versprüht der Titel aber fast zu jeder Zeit den Charme und das Flair des Originals.
Bildqualität
Der Transfer der 1080p-Fassung kann sich ebenfalls sehen lassen, muss allerdings ohne den tollen stereoskopischen 3D-Effekt auskommen und wirkt folglich etwas flacher als die 3D-Variante. Aber auch ohne den ordentlichen Tiefeneffekt kann das Blu-ray-Bild überzeugen und punktet mit einer sehr guten Schärfe und einem knackigen Farb- sowie Kontrastverhältnis. Zwar dominieren durch die stilmittelbedingten farblichen Eingriffe oftmals Grau-in-Grau-Töne das Geschehen oder passagenweise stechen die zumeist blauen und rötlichen Neon-Töne deutlich heraus, was allerdings sehr gut zum Film und dem Look des originalen Animes passt. In manchen Szenen hätte jedoch der Schwarzwert gerne etwas satter ausfallen dürfen, was aber nicht weiter tragisch ist. Ein weiterer kleiner Makel ist der minimale Detailverlust in dunkleren Bildbereichen, welcher sich auch bei der 3D-Fassung in wenigen Szenen verzeichnen lässt.
Bild 3D
Im Kino fand ich Ghost in the Shell nicht wirklich überzeugend, das mag aber daran gelegen haben, weil ich ein E-Kino in Frankfurt aufgesucht hatte, das ich wohl nie wieder besuchen werde – aber das ist ein anderes Thema. Zuhause im eigenen Heimkino war ich dann doch überrascht, was man mit zeitgemäßer Hardware aus diesem Titel für ein tolles 3D rausholen kann. Bis auf einige Projektile oder rumfliegende Glassplitter gibt es zwar nur wenige Pop-out-Effekte zu sehen, in Bezug auf die Tiefendarstellung spielt die 3D-Variante des Films aber ganz klar in der oberen Liga mit. Seien es nun die dreidimensionalen, schön herausstechenden Reklametafeln welche überall im futuristischen Japan anzutreffen sind oder die Actionsequenzen, wie beispielsweise die Effekte bei der Geisha-Kampfsequenz oder das aufspritzende Wasser während des Kanalkampfes, stets stellt sich ein Mittendrin Gefühl ein. Erwähnenswert ist zudem, dass mir keinerlei Ghosting-Artefakte aufgefallen sind und auch das dunklere 3D-Bild verschluckte in dunkleren Bildabschnitten so gut wie keine Details. Die Bildschärfe kann überwiegend als sehr gut bezeichnet werden, schwankt während einiger Effekt- beziehungsweise CGI-Shots jedoch minimal. Das Farb- und Kontrastverhältnis kann sich darüber ebenfalls sehen lassen, bietet aber keine natürliche Colorierung, sondern setzt größtenteils auf blaue und rötliche Neon-Töne, was sehr gut zum Look des Films passt und dem Flair des Originals gerecht wird.
Tonqualität
- Dolby Atmos 7.1 (Deutsch)
- Dolby TrueHD 7.1 (Englisch)
- Untertitel: Deutsch, Englisch
Ausstattung
Disc 1 (Blu-ray 3D):
- ohne Bonusmaterial
- Verkabelte Menschheit: Das Making-of von Ghost in the Shell (ca. 30 min.)
- Mensch & Maschine: Die Geist-Philosophie (ca. 11 min.)
- Sektion 9: Cyber Verteidiger (ca. 11 min.)
- Wendecover
Fazit
Für die Studios brachte die Ghost in the Shell-Realverfilmung nicht den erhofften Erfolg und gilt als Kinoflop, da vor allem in den USA lediglich 40 Millionen US-Dollar wieder zurück in die Kassen gespült wurden, denen Produktionskosten von 110 Millionen gegenüber stehen. In den übrigen Ländern kam die Neuinterpretation des Anime-Klassikers aus dem Jahr 1995 deutlich besser weg, aber auch dies reichte nicht aus, um dem Titel zum internationalen Erfolg zu verhelfen. Sei es drum: Der Drops ist gelutscht und es bleibt nur zu hoffen, dass dieses Endergebnis keinen nachhaltigen Einfluss auf die kommenden, bereits geplanten Anime-Verfilmungen haben wird. Aber egal wie man es dreht und wendet, der Film von Regisseur Rupert Sanders ist überaus sehenswert, wartet mit unzähligen tollen Actionelementen auf und zollt dem Original mit seiner malerischen und gleichermaßen futuristischen Aufmachung ausreichend Respekt. Inhaltlich gibt es zwar einige Neuerungen und Freiräume, welche man sich genommen hat, dennoch bin ich mehr als zuversichtlich, dass die Realverfilmung problemlos eine Zielgruppe finden und in naher Zukunft ebenfalls zum Kultfilm avancieren wird.
Die technische Umsetzung auf Blu-ray-3D weiß erfreulicherweise auch zu überzeugen, muss allerdings mit einer Einschränkung beim deutschen Ton auskommen, der leider nur als Dolby Digital 5.1-Mix vorliegt. Dieser klingt folglich nicht ganz so offen und dynamisch, wie die verlustfreie deutsche Dolby Atmos-Abmischung der normalen Blu-ray, welche dem Set erfreulicherweise ebenfalls beiliegt. In Bezug auf die Bildqualität gibt es beim 3D-Transfer, welcher im Ansichtsverhältnis 1,78:1 (16:9) vorliegt, hingegen eine Steigerung, denn durch die hier dargebotene, wirklich großartige Tiefenwirkung, kann man noch mehr in die Welt des futuristischen Japans eintauchen. Bei den Specials, welche allesamt auf der herkömmlichen Blu-ray untergebracht sind, hätten es gerne ein paar Beiträge mehr sein können, aber zumindest sind die zwei enthaltenen Featurettes und das informative Making-of sehenswert.
(Roland Nicolai)
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Kaufempfehlung
Testgeräte
TV: Samsung UE55JS9090
AVR: DENON AVR-X4200W
BDP: Panasonic DMP-UB900EGK
Boxen: Quadral Ferrum + Klipsch RP-140SA